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Kultur: Es ist „Schinkelzeit“

Ausstellung über den berühmten Architekten und Designer im Kutschstall

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„In seinen Bewegungen war ein Adel und ein Gleichmaß, in seinem Munde ein Lächeln, auf seiner Stirn eine Klarheit, in seinem Auge eine Tiefe und ein Feuer, dass man sich schon durch seine bloße Erscheinung zu ihm hingezogen fühlte. Größer aber noch war die Gewalt seines Wortes, wenn das, was ihn innerlich beschäftigte, unwillkürlich und unvorbereitet auf seine Lippen trat ...“ Diese Charakterisierung über Karl Friedrich Schinkel schrieb Franz Kugler. Derartige Äußerlichkeiten zählen für die Lorbeeren, den die Nachwelt einem Menschen zu flechten gedenkt, wohl kaum. Allein das Werk ist maßgebend.

Zum Geburtstag Schinkels, der sich am 13. März zum 225. Mal jährte, präsentiert nun das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) im Kutschstall eine Ausstellung. Sie reiht sich ein in das diesjährige Kulturland-Thema „Horizonte – Baukultur“.

Schinkel muss man wahrhaftig keine Lorbeeren mehr flechten. Er war schon zu seinen Lebzeiten der bedeutendste Architekt und Designer Preußens und ist es bis heute geblieben. Er prägte mit seiner Kunst die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, die nach ihm auch „Schinkelzeit“ genannt wurde.

Die Kutschstall-Ausstellung, die die Veranstalter den Titel „Künstler. Preuße. Brandenburger“ gaben, will das reiche Lebenswerk Schinkels dem Betrachter deutlich machen. Die letzte große Ausstellung über den Baumeister fand 1981 zu dessen 200. Geburtstag in Potsdam statt. Andreas Bernhard, Kurator der jetzigen Präsentation, machte mit Recht darauf aufmerksam, dass eine ganze Generation 25 Jahre lang Schinkels Werk im Überblick und im Detail so nicht erleben konnte, dass sie beispielsweise eine seiner meisterhaften Zeichnungen nicht zu Gesicht bekam.

Ein Jubiläum ist natürlich ein wunderbarer Anlass, eine Ausstellung für den Jubilar zu arrangieren. Und die Leihgeber sind dann besonders gewogen, die wertvollen Schätze ihrer Sammlungen dem Veranstalter zu überlassen – natürlich nur für einige Wochen und mit strengen Auflagen. Das Berliner Kupferstichkabinett, das den künstlerischen Nachlass Schinkels aufbewahrt, die Preußischen Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, in dessen Obhut sich viele Bauwerke und Designerarbeiten wie Möbel, Porzellane und Silberwaren befinden, gehören zu den Leihgebern.

Der gebürtige Neuruppiner, Sohn eines Pfarrers, hatte sich für vieles, was die Kunst betrifft, interessiert. Nach Gymnasium, Kunstakademie wurde er als Baumeister. Aber er war noch viel mehr: Maler, Festausstatter, Bühnenbildner, Kunstphilosoph, Raumausstatter, Kunstgewerbler und Denkmalpfleger. Karl Friedrich Schinkel hat bedeutsame künstlerische Anregungen gegeben, nicht nur für die Künstler seiner Zeit, sondern darüber hinaus.

Die Ausstellung erzählt in dreizehn Stationen über den schaffensreichen Lebensweg Schinkels, der als Architekt des Königs, also als Staatsbeamter im Brandenburgischen eine Fülle von Aufgaben zu erfüllen hatte, dreißig Jahre lang. Und zu dieser kräftezehrenden Arbeit war er auch in preußischen Provinzen und anderswo unterwegs, entwarf Schlösser, Kirchen, Mausoleen oder Denkmale. Mit seinem Namen verbindet sich auch die Einführung der Denkmalpflege als staatliche Aufgabe in Preußen.

Zeichnungen, Aquarelle, Deckfarbenbilder sowie ein Gemälde erzählen in der Schau von seinen Reisen, die ihn in die Alpen, nach Italien oder in die Mark Brandenburg führten. Sie vermitteln einen lebendigen Eindruck des Gesehenen. Schon das Skizzenbuch des 17-Jährigen macht bereits klar, welches Talent in dem jungen Karl Friedrich steckte. Die Stiftung Stadtmuseum hat dieses Buch als eines der wenigen persönlichen Dokumente der Ausstellung zur Verfügung gestellt.

Die Welt als Bühne. So sah wohl Schinkel die Zeiten. Der Cottbuser Gestalter Enrico Oliver Nowka hat dieses Motiv in die Ausstellung eingebracht. In Mitarbeitern des Hans Otto Theaters fand er dafür Helfer. Die „Schinkelzeit“ soll, so das HBPG, als eine Epoche von Theater und Zylinder betrachtet werden, als Bühne und Lebensbühne.

Große Raumteiler strukturieren die mit den Farben Rot und Schwarz gestalteten Abteilungen. Klar und modern präsentieren sie sich. Originale und Reproduktionen haben ihre eigene Darstellungsebenen sowie elektronische Medienstationen. Mit ihnen werden erhaltene und zerstörte Bauten erlebbar. Eine Hörstation führt in das zeitgenössische Musikleben Schinkels ein. Sein Lieblingskomponist war Christoph Willibald Gluck. Zunächst ist Schinkel in Berlin mit seinen perspektivischen Schaubildern bekannt geworden. Illusionistisch gemalte Hintergründe, geschickte Beleuchtung und bewegliche Figuren hatten dem Betrachter das Gefühl gegeben, reale Landschaften zu sehen. Zeitgenossen schilderten sie als „Guckkasten von Riesengröße“. Chöre haben für die Hintergrundmusik gesorgt. Und sogar König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise mochten die Dioramen Schinkels. Zwischen 1807 und 1815 soll er an die 50 Schaubilder hergestellt haben. Die Ausstellung im Kutschstall macht mit dem „Brand von Moskau“ bekannt, das nach Napoleons Feldzug gegen Russland 1812 entstand. Die Aussteller haben dieses Bild nun rechnergestützt animiert.

Für das Theater hat sich Schinkel seit seiner Kindheit begeistert. Später hat er an der Königlichen Oper in Berlin für fünfzig Stücke Bühnenbilder entworfen. Da konnte er seine ganze Fantasie, die er in der Realität zügeln musste, ausleben. Gern verwob er in ihnen seine Architekturvisionen, aber auch archäologische Rekonstruktionen. Am berühmtesten wurden die Entwürfe zur Mozart-Oper „Die Zauberflöte“. Mit zwölf Bühnenbildern wurde dies zugleich der umfangreichste Dekorationsauftrag. Bilder von szenischen Entwürfen bereichern diese Ausstellung sehr und tragen zu einer atmosphärisch dichten Gestaltung bei, von der diese Schinkel-Präsentation viel aufzuweisen hat.

Doch kein Katalog begleitet die Schau, sondern ein im Deutschen Kunstverlag erschienener zweibändiger Führer zu den Schinkel-Bauten. Neben dem Schinkel-Zentrum der Technischen Universität Berlin fungiert auch das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte als Herausgeber.

Bis 9. Oktober, Kutschstall, Di-Fr 10-17 Uhr, Sa- So 10 -18 Uhr.

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