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Kultur: Es lebe die Konvention!

Staatstheater Cottbus gastiert mit „Die lustige Witwe“ im neuen Hans Otto Theater

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„Die lustige Witwe“ ist vor allem durch die Musik Franz Lehárs berühmt geworden. Von der Salonromanze über das Couplet, der volkstümelnden Ballade bis zum schwelgerischen Liebesduett – keine musikalische Form wird vernachlässigt. Lehárs klangliche Vielsprachigkeit reift in dieser Operette zu voller Blüte. Davon überzeugt, dass diese schöne Musik viele Theaterfreunde, vor allem die älteren, erfreut, nahm der Intendant des Cottbuser Staatstheaters, Martin Schüler, sie in den Spielplan auf. Der Potsdamer Theaterchef, Uwe Eric Laufenberg, lud die Cottbuser anlässlich der Eröffnungsfeierlichkeiten zum neuen Hans Otto Theater in das Haus am Tiefen See ein. Drei Vorstellungen von „Die lustige Witwe“ sind zu erleben.

Ein weißer Mercedes fährt vor das Maxim, das große Spielcasino in Paris. Der Hofbankier Glawari, der das Vergnügungslokal besuchen wollte, wird es nicht mehr betreten können. Er bricht tot zusammen. Nach nur acht Tagen Ehe hinterlässt er eine Witwe, Hanna, die aus der kleinen Balkanmonarchie Pontevedro stammt. In der Pariser Gesandtschaft dieses Staates herrscht Aufregung, denn die Glawari, die ein beträchtliches Vermögen geerbt hat, ist in Paris eingetroffen, offenbar um erneut zu heiraten. Graf Danilo soll die Millionen der Landsfrau Hanna Glawari nach Pontevedro heiraten. Doch er weigert sich, die patriotische Tat zu vollbringen. Bevor Hanna heiratete, war er in sie verliebt, hatte es aber nicht gewagt, um ihre Hand anzuhalten. Seine Familie hätte der Verbindung mit einer Frau niedrigen Standes nicht zugestimmt. Hannas Heirat traf ihn tief, und er kann sich nicht überwinden, ihr zu gestehen, dass er sie nach wie vor liebt. Zwischen beiden entwickelt sich ein Auf und Ab um ihre Liebe, begleitet von den aufmerksamen Gesandtschaftsangestellten, denen es vornehmlich um die Millionen geht.

Für einen ambitionierten Regisseur wie Martin Schüler dürfte die Auseinandersetzung mit dem gefürchteten Genre Operette, zumal mit der rührselig zu nennenden „Lustigen Witwe“ Lehars, spannend sein. Man kann die Geschichte verwursten, eine „neue“ daraus schneidern oder man erzählt sie ganz konventionell, dass sie keinem weh tut, mit der Zeit aber Langeweile verbreitet. Martin Schüler hat sich für die letztere Lesart entschieden. Schon allein das Bühnenbild von Dieter Richter und die Kostüme von Henrike Bromber sind prachtvoll anzuschauen. Die Zeit des Belle Epoque wird kräftig bedient.

Unentwegt wartet Regisseur Schüler aber auch mit Klischees auf, die man in Operettenaufführungen schon vor einigen Jahrzehnten zu sehen bekam. In der Cottbuser Aufführung sind sie wieder aktuell. Eine klischeefreie Darstellung bietet jedoch Andreas Jäpel als Heiratskandidat Danilo. Er betont mehr das Grobe, das Natürliche als das Dandyhafte.

Augenzwinkerndes ist aber in allen drei Akten zu bemerken, der erste zog sich dennoch ohne Spannung und gequält hin. Schön, dass das damals neu entwickelte Automobil eine große Rolle hier spielt und sich in ein „Liebesnest“ verwandelt.

Nach der Pause bekam die Aufführung Tempo. Das große Solisten-, Chor- und Ballettensemble wirkte unter der Musikalischen Leitung von Christian Möbius gelöster und hatte sich wohl mit den unbekannten Bühnenverhältnissen angefreundet sowie mit der schwierigen Akustik abgefunden. Die kommt in dem neuen Haus sehr trocken daher, Orchester und Sänger können wenig Glanz entwickeln. Sie waren aber mit ihren Stimmen in der Weite des Bühnenbildes des zweiten und dritten Aktes besser aufgehoben, als in der Enge des ersten. Anna Sommerfeld als Hanna Glawari und Andreas Jäpel als Danilo, Cornelia Zink als Valencienne sowie Jens Klaus Wilde als de Rossillon konnten dann durchaus stimmlich auftrumpfen, obwohl sie sicher ihr Theater in Cottbus mit seiner guten Akustik vorziehen. In dieser Hinsicht muss im Potsdamer Haus noch einiges nachgebessert werden.

Die meisten Zuschauer waren froh, wieder eine Operette mit großer Ausstattung in Potsdam erleben zu dürfen. Sie applaudierten heftig, fanden auch Gefallen an dem Vor- und Rahmenprogramm im Foyer mit Musik, Gesang, Tanz und Glücksspielen. Heute kommt Danilo noch einmal ins „Maxim“, ins Hans Otto Theater. Klaus Büstrin

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