Kultur: Ewig vibrierendes Leben
Gemälde und Zeichnungen des Werderaner Landschaftsmalers Karl Hagemeister im Potsdam-Museum
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Waldemar Titzenthaler, ein bekannter Fotograf der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, schrieb: „Es sind meist ernst, oft schwermütige Bilder, die im brandenburgischen Lande versteckt sind. Sie drängen sich nicht auf, sie wollen gefunden sein, aber wer ihnen mit suchender Seele nachspürt ..., der staunt über die Menge der Bildmotive, die ihn umgeben. Allerdings: ,Sehen“ muss man können ...“ Und das war Karl Hagemeister bestens gegeben.
Der Maler, der am 12. März 1848 in Werder an der Havel, also vor 160 Jahren geboren wurde, und vor 75 Jahren am 5. August 1933 in seiner Heimatstadt starb, liebte die Landschaft, in der er lebte, aber auch die Ostsee. Immer wieder zog es ihn dorthin. Wichtig war ihm der direkte Kontakt zu der Natur, das Sich-Einlassen auf ein Stück Landschaft, ihre atmosphärische Stimmung. Karl Hagemeister ist immer wieder mit der Staffelei in die sommerliche oder winterliche Landschaft gezogen, denn wie der Maler selbst sagte, ist „sie die Trägerin des seelischen Elements“.
Das Potsdam-Museum in der Benkertstraße hat nun Werke der umfangreiche Hagemeister-Sammlung aus dem Depot geholt und sie für eine Ausstellung in vier Räumen zusammengestellt: 14 Ölbilder, drei Pastelle und 21 Zeichnungen. „Man sieht mit Ergriffenheit, was der Werdersche Meister da überall gesehen und zu Bildern gestaltet hat, nicht photographisch oder schulgerecht, sondern in der Freiheit des meisterlichen Malers, ganz rasch das Gesehene in ein Gedicht von Farbe und Licht umsetzend“, schrieb 1923 der Direktor der Berliner Nationalgalerie, Ludwig Justi, anlässlich einer Personalausstellung zum 75. Geburtstag des Künstlers.
Karl Hagemeister, der bei Friedrich Preller d. Ä. in Weimar studierte und Anregungen unter anderen von dem Maler Carl Schuch erhielt, hat bei seinen „Pleinairs“ kein Aktmodell – wie manche seiner Kollegen – ins Grüne mitgenommen. Ihm ging es um die Landschaft allein, um Seen und Wälder, Wiesen und Bäume, hin und wieder um Häuser, auch mal um ein erlegtes Wild. „Die Natur beobachten, in und mit ihr leben, ihre intimsten Stimmungen ablauschen, das ist das große Geheimnis, das wir alle lernen müssen“, schrieb Hagemeister 1928 in einem Brief.
An seinen Ölbildern „Winterlandschaft mit Weiden“, „Uferlandschaft mit Seerosen“, „Ferch im Winter“ oder das „Wiesenstück“ – in und um Werder Anfang des vergangenen Jahrhunderts entstanden – oder die Arbeiten von der Ostsee, wie „Wellenbrecher“ oder „Windflüchter an der Steilküste“ (um 1916) wird Karl Hagemeisters sicheres Gespür für das Charakteristische des Ortes, für Licht und Wetter deutlich. Seine oftmals heftigen Bewegungen des Malvorgangs ziehen den Betrachter in die Bilder. Die Natur ist bei ihm in ständiger Bewegung. Schon bei den frühen Zeichnungen, im Thüringer Wald oder im Sabinergebirge bei Rom entstanden, sieht man, dass Hagemeister die Bewegungen der Landschaft interessierten. Aber seine bewegten Bilder sind dennoch nicht laut, sie spüren den natürlichen Veränderungen der Natur nach: „ein ewig vibrierendes Leben geht durch die Natur“ (Karl Hagemeister).
Das Museum konnte vor allem in den sechziger Jahren aus dem Nachlass des Werderaner Künstlers Bilder erwerben. Heute wäre dies aus finanziellen Gründen wohl nicht mehr denkbar. In einigen deutschen Galerien werden immer noch „Hagemeisters“ für ca. 20 000 Euro angeboten. Die Galeristen erwerben sie von Privateigentümern. Denn in Werder und Umgebung könnte man in mancher Wohnstube ein malerisches Kleinod von Karl Hagemeister bewundern.
Bis 29. Juni, Di bis So von 10 bis 18 Uhr, Potsdam-Museum, Benkertstraße 3. Führung durch die Ausstellung am 7. Februar um 16 Uhr
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