Kultur: Familien im schicksalhaften Jahr 1968

Mit zwei Filmen aus einem Dokumentarzyklus setzt das Thalia Kino am kommenden Dienstag um 19 Uhr seine tschechische Filmreihe fort. In seinem Filmzyklus „Soukromé století – Private Century“ dokumentiert Regisseur Jan ikl die unwiederholbaren Schicksale tschechischer Familien im 20. Jahrhundert. Hierfür hat er Filmmaterial aus privaten Familienarchiven gesammelt und mit seinem Team neu geschnitten und vertont.

Die Streifen „Nízký let“ und „Sejdeme se v Denveru“ erzählen von zwei Männern mit dem Namen Frantiek, die im schicksalhaften Jahr 1968 auf zwei verschiedenen Seiten standen. Der eine war ein ausgezeichneter Jagdflieger der tschechoslowakischen Armee, dem sich glanzvolle Karrierechancen boten. In den sechziger Jahren wurde er an die Militärakademie in Moskau delegiert. Dorthin folgten ihm seine Frau und die Kinder, die dann mit ansehen mussten, wie Franta immer mehr dem Alkohol verfiel. Sie alle waren noch immer in Moskau, als die russische Armee im August 1968 in die Tschechoslowakei einmarschierte.

Der andere Frantiek kommt aus dem Prager Arbeiterviertel ikov. Seine Helden stammen aus den amerikanischen Western, mit denen er als Sohn eines Kinobesitzers aufgewachsen ist. Auch der Gruß „Wir treffen uns in Denver“, mit dem er sich von den Spielkameraden zu verabschieden pflegte, ist ein Filmzitat. Nach 1948 verlor der Vater seine Kinos und die Western verschwanden von den Kinoleinwänden. Frantiek und die Freunde aus der Kindheit drehten nun ihre eigenen Filme, in denen es immer wieder um den Kampf zwischen Gut und Böse ging. Und auch wenn Frantiek immer auf der Seite des Guten stehen wollte, landete er schließlich schuldlos im Gefängnis. 1968 dann beschloss er, zusammen mit seiner Familie zu emigrieren. Er ging nach Amerika, um all die Orte zu besuchen, die er bis dahin nur aus den Filmen kannte.

Im Anschluss an die Aufführung laden der Progress Film-Verleih und das Tschechische Zentrum Berlin zum Filmgespräch mit Regisseur Jan ikl ein. PNN