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Von Heidi Jäger: Fantasy und Bergidyll

Foyerausstellung mit Fotos berühmter und vergessener Filme der 20er und 30er Jahre im Filmmuseum

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Diese Sammlung bietet von allem etwas: Horror, Fantasy, Bergidyll, Melodram. Eine thematische Vielfalt, die Heidrun Schmutzer überraschte. Schließlich begab sich die Archivarin des Filmmuseums beim Sichten der 6000 Schwarz-Weiß-Fotos zurück in die 20er und 30er Jahre: in die Stumm- und frühe Tonfilmzeit. Die bedeutende Sammlung eines Hamburger Filmfreaks mit Kino-Aushangfotos und retuschierten Pressefotos sorgte Anfang des Jahres im Filmmuseum für helle Aufregung. Dank einer zusätzlichen finanziellen Unterstützung von 35 000 Euro durch das Kulturministerium konnte das Museum das umfassende Konvolut mit meist sehr gut erhaltenen Aufnahmen zu rund 900 Filmen erwerben. Darunter von Regisseuren wie Harry Piel, Georg Wilhelm Pabst, Josef von Sternberg oder Leni Riefenstahl. „Das ist ein wahrer Schatz, der uns das neue Jahr versüßt“, jubelte damals die Museumschefin Bärbel Dalichow.

Nun ist das Jahr fast vorbei, und ein Drittel der damals in zig Kartons überreichten Raritäten ist gesichtet, katalogisiert und fein säuberlich Stück für Stück in Hängetaschen aus transparentem säurefreiem Pergaminpapier verwahrt. Für eine kurze Weile kommen sie nun wieder ans Licht, denn das Filmmuseum möchte auch die Öffentlichkeit an dem filmhistorischen Ereignis teilhaben lassen.

Am kommenden Donnerstag eröffnet im Foyer eine Ausstellung, die an glanzvolle Auftritte berühmter Schauspieler wie Greta Garbo, Henny Porten oder Johnny Weissmüller erinnert. Vor allem die 49 Standfotos des als verschollen geltenden Films „Four Devils“, den der Ufa-Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau in Hollywood drehte, seien spektakulär, so Heidrun Schmutzer. Obwohl gerade erst fertiggestellt, war diese im Zirkusmilieu spielende tragische Liebesgeschichte schon eine technische Antiquität, als sie 1928 Premiere feierte: der Ton hatte inzwischen dem Stummfilm den Rang abgejagt. Keine einzige Kopie hat sich von „Four Devil“ erhalten. Gedreht hatte ihn der in Stahnsdorf beigesetzte Regisseur drei Jahre vor seinem Unfalltod.

Um für die Ausstellung eine Linie in den „Wust unheimlich schöner Fotos“ zu bekommen, erzählt Heidrun Schmutzer nunmehr Foto-Geschichten. Sie stellte die von ihr ausgewählten Bilder zu thematischen Blöcken zusammen, paart Abenteuer mit Exotik, Fantasy mit Utopie, Herrscher mit Historie ... Zu einem Film gibt es jeweils sechs Aufnahmen. Mit dabei ist natürlich auch die innige Szene Antonio Morenos mit der großen Greta Garbo in „Totentanz der Liebe“ (1926), der zur Eröffnung der Ausstellung im Film zu sehen ist. Nicht zu allen Fotos gibt es auch die laufenden Bilder. Oft sei die Rechtslage zu kompliziert, um sie aufzuführen. „Wir hätten gern ,Tarzan“ gezeigt. Oder die Zorro-Geschichte ,Chicago“ mit Tyrone Power. Dieser blendend aussehende Westernheld und Dauer-Liebhaber erlitt mit 44 Jahren während eines Degenduells beim Drehen einen Herzinfarkt. Eine Stunde später war er tot.“

Heidrun Schmutzer möchte in der Ausstellung gern die Geschichten hinter den Fotos erzählen, die mitunter sehr tragisch sind. Wie die von Robert Lynen. Er wurde in Frankreich in der Schule als Schauspieler entdeckt und avancierte zum Kinderstar. Mit 12 Jahren bekam er die Hauptrolle in „Armer kleiner Held“: Darin ringt der Rotschopf ständig um Anerkennung in der Familie und nimmt sich am Ende das Leben. Mit 20 kam Robert Lynen zum französischen Widerstand und geriet in die Fänge der deutschen Gestapo. Drei Jahre später wurde er im Zuchthaus Karlsruhe hingerichtet. „Armer kleiner Held“ war natürlich mit auf Heidrun Schmutzers Film-Wunschliste. „Aber die Qualität der Kopie ist einfach zu schlecht.“ So bleiben die Fotos und die Biografien, die die Archivarin zu allen Regisseuren und Hauptdarstellern recherchierte, so dass auch die Besucher problemlos in die einstige Filmwelt eintauchen können. „Beim Durchgucken entdeckt man immer wieder Neues und ist oft überrascht, wie modern und originell manche Aufnahmen sind.“ Wie die von Henny Porten in „Violantha“, für den sie 1927 mit wehendem Haar und burschikosem Hemd vor der Kamera posiert. Als der Film über die Königin der Berge 1942 noch einmal verfilmt wurde, stehen die Schauspieler wie „geleckt“ im Heimatidyll. Auch von dieser „Violanta“-Version gibt es Fotos. „Die Sammlung ist eine schöne Ergänzung zu unserem bisherigen Fundus, der auf die Geschichte des Medienstandortes Babelsberg spezialisiert ist, aber mit Zeugnissen aus den 20er und 30er Jahren bislang nicht gerade reich bestückt war.“ Nun also können die alten Stummfilmstars auch mitreden.

Eröffnung Donnerstag, 27. November, 19.30 Uhr im Foyer. Es läuft der Stummfilm „Totentanz der Liebe“ von Mauritz Stiller. An der Welte-Kinoorgel: Helmut Schulte.

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