
© Aus „Fontane-Land“
Kultur: Feenschlösser
Hans-Jürgen Gaudeck aquarellierte Fontanes Wanderungen: Entstanden ist das Buch „Fontane-Land“
Stand:
Der Weg zum Neuen Palais scheint Flammen zu schlagen. Das weiße Schloss auf der Pfaueninsel droht indes von einer grünen Woge überspült zu werden. Und beim Schloss Caputh fällt als erstes die dunkelblaue, geschwungene Freitreppe auf, die zum rotgedeckten Herrenhaus wie ein schwerer Fluss träge hinauf fließt.
Die Aquarelle von Hans-Jürgen Gaudeck haben etwas Malerisches. In leiser Behutsamkeit lässt der Berliner Künstler Formen und Farben miteinander kokettieren und verschmelzen. Es geht ihm nicht um ein Abbild, sondern um Sinneseindrücke, die er zu poetischen Metaphern verdichtet. Seinen Bildern stehen Texte von Theodor Fontane bei, auf dessen Spuren sich der Maler begab: im Gepäck die entsprechenden Bände der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“, die Malutensilien immer griffbereit. Er besuchte wie einst der große Romancier und Erzähler landauf, landab Schlösser, Gärten, Parks und war fasziniert von der herben weiten Landschaft, den Seen und Wäldern, die er schon aus Kindheitstagen kannte. All diese Reise-„Notizen“ hat der 69-jährige studierte Betriebswirt und Maler, der mehrere Jahre auf der Freien Berliner Kunstausstellung vertreten war, in seinem Buch „Fontane-Land“ „aufgezeichnet“.
Es gibt keine gemalten Illustrationen zum geschriebenen Wort. Ganz eigene Stimmungen werden empfindsam ausgebreitet. „Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein“, ist dem Buch ein Zitat von Ludwig Wittgenstein vorangestellt. Und fürwahr: Hans-Jürgen Gaudeck setzt Kontrapunkte und lässt das eigene Gefühl sprechen. Es gibt aber auch Annäherungen, so zu Fontanes Betrachtung der Pfaueninsel: „Der Abend kommt, die Nebel steigen, die Kühle mahnt zur Rückfahrt, und unser Boot schiebt sich durch das Rohr hin und in die freie Wasserfläche hinaus. Hinter uns, die verschleierte Mondsichel über den Bäumen, versinkt das Eiland. Mehr eine Feen- als eine Pfaueninsel jetzt!“ Gaudeck ließ sich ebenso von diesem Eiland verzaubern. Auch auf seinem Aquarell scheinen Feen ihr Reich aufgeschlagen zu haben.
Als Fontane damals akribisch festhielt, was er auf seinen Reisen erlebte, war das Erkunden der Welt weit weniger angesagt als heute. Man las statt zu reisen. Die detaillierten Beschreibungen von Landschaften, Gebäuden oder Ereignissen führten dazu, dass der Leser gar keines Bildes bedurfte. Sie entstanden in farbig ausgemalter Pracht in seinem Kopf. Daran hat sich nichts geändert.
Und doch setzt Hans-Jürgen Gaudeck mit seinen Bildern den Texten, an denen er sich reibt und wärmt, etwas hinzu, das sie in einem neuem Licht erscheinen lässt. Wir sehen nicht einen anderen Stechlin, aber wir sehen ihn anders.
Heidi Jäger
Das Buch ist im HSB-Verlag erschienen und kostet 19.90 Euro. Es wird am 13. Mai um 19 Uhr in der Fontane-Buchhandlung Neuruppin anlässlich einer Fontane-Tagung vorgestellt, verbunden mit einer kleinen Ausstellung der Bilder
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: