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Kultur: Film global, kritisch, international Die Globians im zweiten Jahr

Am Sonntagabend ist das Filmfestival „Globians" mit einer positiven Bilanz zu Ende gegangen. Das international ausgerichtete, globalisierungskritische Festival zeigte in seinem zweiten Jahr Filme, von denen sehr viele aus den USA kamen, andere aber auch aus Kamerun, Indien, Dänemark, Neuseeland und dem Iran.

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Am Sonntagabend ist das Filmfestival „Globians" mit einer positiven Bilanz zu Ende gegangen. Das international ausgerichtete, globalisierungskritische Festival zeigte in seinem zweiten Jahr Filme, von denen sehr viele aus den USA kamen, andere aber auch aus Kamerun, Indien, Dänemark, Neuseeland und dem Iran. Die Thematik orientierte sich an der Veränderung der globalisierten Gesellschaften, dabei ging es um Wertschöpfung ebenso wie um Frauenleben oder um kulturelle Aspekte multiethnischer Kooperation. Wie bereits gestern berichtet, hat sich die Zuschauerzahl von rund 300 auf über 600 verdoppelt.

Am Sonntagnachmittag gestaltete sich der Ausklang ganz kulturell. Da gab es den Bericht über „Cadillac", einen obdachlosen Schriftsteller, dem es gelang, durch das Schreiben aus seiner unbeachteten Existenz zu entkommen und auch anderen Namenlosen der Straße ein literarisches Denkmal zu setzen. Jetzt lebt er aus freien Stücken auf der Straße in Brooklyn, lacht und grüßt freundlich und selbstzufrieden alle vorbeigehenden Passanten. Das anschließende Musikstückchen lotete zu den Klängen der Jazzpianistin Tammy Hall die Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung aus. Mal schossen Blitze aus dem Flügel, oder das Instrument fuhr über die nassen Straßen von San Francisco: Experimente sind selbst dann wichtig, wenn sie nicht glücken.

An einem Festivaltag zuvor standen vor der weiten Treppe des Alten Rathauses lediglich zwei dicke Feuerstühle, als es drinnen daran gehen sollte, eine Biker-Legende der siebziger Jahre wieder aufleben zu lassen. Ziemlich viele Menschen saßen im Vorführraum und erlebten im Film von Justin Pemberton mit der Witwe des 1973 gestorbenen Kim Newcombe (noch einmal) mit, was es bedeutete, der Schnelligkeit und dem eingängigen Gebrumm einer liebevoll konstruierten Maschine verfallen zu sein. Zwar war die Lebensgeschichte des 1969 mit seiner Frau Janeen aus Neuseeland nach Berlin übersiedelten Motorenfreaks versprochen, geboten wurde aber die Legende einer ewig währenden Liebe zu einem vor 33 Jahren verstorbenen Mann. Damals war die Blonde langhaarig und trug Sonnenbrille, Minirock und eng anliegende Pullover, ein Mädchen ihrer Zeit, das mit Mann und kleinem Sohn im Wohnwagen fröhlich durch die Welt der Motorradrennen zog, die zu dieser Zeit noch sympathisch unkapitalistisch waren. Viel Amateurfilmmaterial – gedreht mit einer Super-8-Kamera – bugsiert den Zuschauer sanft in jene Zeit, in der die Freiheit groß und Berlin auf beiden Seiten ganz klein erschien. Im Westteil der Stadt bastelte bei „König Motoren“ der Neuseeländer aus einem Sportbootmotor erst das schnellste Motorrad der Welt zusammen, um dann in Großbritannien damit in den Tod zu rasen. Davon hat sich Janeen nicht erholt, trotz ihrer drei weiteren Männer trauert sie noch heute. Sie vereint in sich das seltsame Paradox des sehr Jungen und sehr Alten. Vor der Zeit gealtert wirkt sie ob ihres nicht geheilten Schmerzes, aber mit der Erinnerung an ihre schönste Zeit erscheint sie wieder jung, verspielt und glücklich. Die Freiheit des „easy riding“ war für ihren Mann wohl noch faszinierender als Frau und Sohn. So bot das Festival in seinem zweiten Jahr eine bunte Palette interessanter Einblicke in weit entfernte oder vergangene Welten. Lore Bardens

Lore Bardens

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