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Kultur: Folksongs

Lorna Anderson und Haydn-Trio im Palmensaal

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Unter dem Titel „Folksongs“ kann man sich alles Mögliche vorstellen – an Haydn und Beethoven wird man eher nicht denken. Und doch ging es beim Konzert des Haydn-Trios Eisenstadt im Palmensaal im Neuen Garten um Folksongs aus Schottland, Irland und Wales im Gewand der Wiener Klassik. Zu verdanken ist diese transeuropäische Zusammenarbeit der Sammel-, und Musikleidenschaft des schottischen Volksliedsammlers George Thomsom, der die besten europäischen Komponisten seiner Zeit beauftragte.

So entstand eine einzigartige Kollektion von über 600 Volksliedvertonungen für Kammermusik, passend für eine der Lieblingsbeschäftigungen der höheren Kreise in ganz Europa. Einige davon präsentierte das österreichische Haydn-Trio gemeinsam mit der schottischen Sopranistin Lorna Anderson. Doch die zeitgenössische Folklore fand nicht nur in Gesangsstücken Einlass, sondern auch in Instrumentalwerken und beweist das Interesse der Klassik an Melodie und Charakter. Auch das zum Auftakt erklingende Klaviertrio Es-Dur von Josef Haydn spielt mit einem volkstümlichen Thema, diesmal einem deftigen deutschen Ländler, dem Vorläufer des Walzers. Wie fast alle der rund 30 Klaviertrios von Josef Haydn bezaubert es mit der Fülle seiner kompositorischen Einfälle.

Während Haydn besonders das Klaviertrio kultivierte, galt Ludwig van Beethovens Vorliebe dem Streichquartett. Gleichwohl komponierte er eine Reihe von Trios. Darunter das selten gespielte Trio op. 70, Nr. 2, ein heiter schweifendes Stück. Alle Sätze sind ungewöhnlich kontrastarm, bevorzugen freundliches Dur in mittleren Tonlagen, mäßige Tempi und anmutige Klänge. Nur im Finale brausen die Stürme, prasselt das Feuer. Die Violine (Verena Stourzh) erklingt herb-kraftvoll, das Cello (Hannes Gradwohl) hell-strahlend, das Pianoforte (Harald Kosik) strömt in perlenden Läufen und Trillern dahin.

Den Folksongs verliehen Ignaz Pleyel, Leopold Kozeluch, Josef Haydn und Ludwig van Beethoven anmutige, sehnsüchtige, dramatische Gestalten, wobei die beiden letzteren charaktervoll hervorstachen und ihrem Namen als Meister der Wiener Klassik alle Ehre machten. Mit ihrer ausdrucksstarken, warm timbrierten Stimme war Lorna Anderson die perfekte Sängerin für das erlesene Programm. Viel Applaus für diese bereichernde Wiederentdeckung.Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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