Kultur: Fontanes „Wanderungen“ mit den Augen von heute
In der Berlin Edition erschienen: „Fontanes Lieblingskirchen in der Mark“ von Christel Wollmann-Fiedler und Jan Feustel
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In der Berlin Edition erschienen: „Fontanes Lieblingskirchen in der Mark“ von Christel Wollmann-Fiedler und Jan Feustel Was man alles mit Theodor Fontanes berühmten Reisebüchern „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ machen, wie man sie „ausquetschen“ kann: Hörspiele, Lesungen, Filme produzieren und vor allem Bücher über sie verfassen. Fontanes „Wanderungen“ sind ein Aufruf zum aktiven Tun, am besten aber, sich selbst auf die „Socken zu machen“ und auf Erkundungen in die märkische „Streusandbüchse“ zu gehen. Christel Wollmann-Fiedler (Fotos) und Jan Feustel (Texte) haben sich ebenfalls in die verschiedenen Gebiete der Mark Brandenburg aufgemacht. Sie widmeten sich aber ausschließlich einem Thema, den Kirchen, die Theodor Fontane besonders gern besucht haben soll. „Fontanes Lieblingskirchen in der Mark“ heißt dann auch der Autoren Buch, das soeben in der Berlin Edition im Quintessenz Verlag (24,80 Euro) erschienen ist. Fontanes Abhandlungen über Geschichte und Kunst der märkischen Gotteshäuser sind zugleich ein Ausflug in die Historie des jeweiligen Ortes. Man erfährt natürlich auch einiges über künstlerische Vorlieben der Patronatsherren und über die Künstler. Wenn Autoren unserer Zeit sich mit Fontanes „Reisebüchern“ auf den Weg machen, dann schauen sie auf das „Objekt ihrer Begierde“ natürlich mit den Augen von heute, die Fotografen sowieso. Christel Wollmann-Fiedler hat eine facettenreiche bildnerische Dokumentation der Bau- und Kunstwerke vorgenommen, in der atmosphärisch dichte Farbfotografien ein Bild von Fontanes Lieblingskirchen vermitteln, die viel vom baulichen Zustand der Architekturen erzählen. Die Fotografin hat gemeinsam mit Jan Feustel vor zwei Jahren bereits einen Spaziergang zu alten Dorfkirchen in Berlin unternommen und ihn ebenfalls zwischen zwei Buchdeckeln veröffentlicht. Der Besucher, der 2003 die Kirchen betritt, wird wie Jan Feustel in seinem Vorwort betont, die Gotteshäuser zumeist nicht mehr in jener Form sehen, wie Fontane sie wahrnahm. „Gerade in der Zeit zwischen Reichsgründung und Erstem Weltkrieg wurde manche Kirche noch einmal gründlich umgestaltet und ausgebaut – von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und manchem ,Bildersturm“ zugunsten eines modern-schlichten Sakralraumes ganz zu schweigen. Nirgends sonst ist der ästhetische und geistig-geistliche Zeitgeist an einem Bauwerk so deutlich gleichsam in Jahresringen abzulesen wie am Kirchenbau.“ Vierzig Lieblingskirchen – eine stolze Zahl – soll Fontane nach Feustels Meinung im Märkischen sein Eigen genannt haben. Und diesen vierzig Gotteshäusern statten die Autoren einen Besuch ab. Sie erzählen über ihre Geschichte, die Fontane noch nicht wissen konnte, da die Forschung inzwischen neue Erkenntnisse zutage brachte, über die Zeiten nach Fontane, in denen sich ebenfalls Geschichte ereignete. Natürlich ist Bornstedt dabei, das mit seiner „pittoresken Kirche“ sehr für sich einnimmt. Fahrland stattete der Dichter einen Besuch ab. Über die Kirche des Dorfes schreibt er jedoch, sie würde wie ein „Amtshaus im Kasernenstil“ wirken. Fontane interessierten hier mehr die alten Grabsteine, und der Geburtsort des von Goethe verhöhnten Schriftstellers Schmidt von Werneuchen. Groß Glienicke galt ebenfalls Fontanes Kurzaufenthalt. Und hier vor allem begeisterte ihn das barocke Epitaph des Johann Georg III. von Ribbeck in der Kirche. Das Gestern und das Heute von steinernen Zeugen werden in dem Buch auf spannende Weise lebendig gemacht. Nur schade, dass man auf Bildinformationen verzichtete. Klaus Büstrin
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