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Kultur: Für die Enkel

Kino im Haus der Natur mit Ökofilm eröffnet

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Michael Succow, Biologe und „Grünen“-orientierter Umweltschützer aus Greifswald, ist den Potsdamern längst kein Unbekannter mehr. Hier stellte er vor vier Jahren sein Buch „Die Krise als Chance – Naturschutz in neuer Dimension“ vor, hier hielt er immer wieder Vorträge. Leute von der Regierung kennen ihn genauso wie die Naturschutz-Verbände, eine Autorität, zumal Träger des Alternativen Nobelpreises und Mitbegründer der meisten „Großschutzgebiete Deutschlands", oder wenigstens jener auf dem Gebiet der verblichenen DDR. Am Dienstag war er im „Haus der Natur“ die ge- und vielbefragte Hauptperson der neuen Veranstaltungsreihe „Das Öko-Filmgespräch“, das sich neben der Ökofilmtour als Nachfolger des kürzlich Pleite gegangenen ÖKOMEDIA-Festivals Freiburg sieht. Sein 2003 entstandener Film „Landschaften für die Enkel“, eine biologisch gestützte Liebeserklärung an die Untere Oder, eröffnete in dem immer-grünen Haus in der Lindenstraße 34 ein Kino. Das hält zwar nicht mit den Standards der Großen mit, aber schließlich zählen die Intentionen.

Versammelt hatten sich „unterm Sonnendach“ – eine Anspielung auf die Solaranlage – Vertreter von Behörden, zahlreiche Natur-Aktivisten und natürlich die Leute von FÖN, seines Zeichens „Förderverein für Öffentlichkeitsarbeit im Natur- und Umweltschutz“, welcher diese Veranstaltung trug. Der 45-minütige Film selbst sei eher spontan entstanden, wie Kameramann Hartmut Sommerschuh erzählte: Erst die Präsenz und die Stimme von Michael Succow hätten diesem ursprünglichen Stückwerk solches Gewicht gegeben, dass ihn der RBB übernahm.

Der prominente Kino-Gast kennt die Oder von klein auf, hier begeisterten ihn erstmals die großen Sumpfvögel: „Das unter Odertal war für mich fast ein Paradies“. Heimat. Anfang der Siebziger verhinderte dann seine Studie die am zweiten Friedrich orientierte Melioration, zwanzig Jahre später war er der Motor für die Renaturierung. „Landschaften für die Enkel“ nun ist ein gut gelungener „Naturfilm“, durch welchen Succow den Zuschauer per Boot, mit dem Flugzeug oder als Exkursionsteilnehmer einer Studenten-Gruppe führt, sogar in die ausgetrocknete Mitte vom Fluss, im Herbst, wo Silberweiden und andere Pionierpflanzen den neuen Auwald vorbereiten. Bei ihm ist alles eins, die Vielfalt von Flora und Fauna, die unterschiedlichen Landschaftsformen und ihre Nutzung durch Mensch und Vieh. Er erklärt, warum diese Gegend so fruchtbar und fischreich ist, wie es nach der Eiszeit aussah, welche Chancen sich mit der zurückgewonnenen Ursprünglichkeit verbinden. Ein Ausflug an die sumpfige Warthe-Mündung zeigt ein Areal, das von den Polen seit fünfzig Jahren unberührt blieb, kein Geld für Pumpen und Schleusen. Das Wichtigste, so der Biologe beim anschließenden Gespräch, sei die Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushaltes, die beginnende Erderwärmung brauche solche großen Wasserflächen und Moore als „Kühlschränke“. Doch das reiche nicht, auch für den „Wasseraustausch“ müsse gesorgt werden, damit Flussarme und Bodenflächen durch die periodischen Überflutungen gereinigt würden. Aus der Diskussion erschloss sich einerseits die politische Verantwortung der Landesregierung, andererseits ihr Bestreben, solche Gesetze zu nivellieren, für die man dann aber nicht haftbar gemacht werden kann, weil keine Termine festgeschrieben sind. Succow glaubt, dass dies mit der Zeit zu lösen ist. Und mit Vernunft. Gerold Paul

Nächstes Öko-Filmgespräch am 19. September, Lindenstraße 34.

Gerold Paul

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