Galerien in Potsdam: Futter für das innere Auge
Ein völlig kostenloses doch kurzweiliges Vergnügen ist ein Spaziergang durch Potsdams Galerien. Ein Überblick, was Sie jetzt nicht verpassen sollten.
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Potsdam - Gucken kostet nichts. Klar, Kunst ist teuer, aber bevor man sie kauft, muss man sich erst einmal ein Bild machen. Dafür gibt es Galerien – aber natürlich nicht nur dafür: An Museen für Zeitgenössisches geradezu armen Potsdam sind sie Orte, Neues zu entdecken, sich auszutauschen. Und: Ihre Türen stehen jedem offen. Deshalb lohnt sich ein kleiner Rundgang durch die Galerieszene.
Am besten beginnt man am bedrohtesten, weil durch städtebauliche Änderungen zeitlich eng begrenzten Platz: der Galerie Sperl im lichtdurchfluteten, großzügigen – und also für das Betrachten vom Bildern idealsten – Schaufenster der Fachhochschule am Alten Markt, die in wenigen Jahren abgerissen werden soll. Im Moment ist sie schwer zu finden, weil die Stadt eine Art Wagenburg an Baucontainern davor aufgetürmt hat, aber am Ende verleiht das der Galerie fast schon den Hauch eines Geheimtipps.
Bunte Werke in der Galerie Sperl
Gleich im Foyer wartet übrigens ein politisches Statement: Ein mahnend erhobener Zeigefinger aus Terracotta und Glas mit dem hübschen Titel „Siegerentwurf des Architekturwettbewerbs zum Wiederaufbau der Garnisonkirche 2009“ vom Galeristen Rainer Sperl höchstselbst. Drinnen dann – was sich dank der Architektur der FH gar nicht wie das oft so exklusive Interieur von Galerien anfühlt, sondern wo die unfertige und dynamische Stimmung herrscht, die Kunst nun mal braucht – sind derzeit noch Arbeiten von Max Grimm und Lezzueck Asturias Coosemans zu sehen. Zwei junge Künstler, die ein Faible für das Bunte teilen. Bei Max Grimm ist das gepaart mit einem kaum verholenen Witz. Wie da etwa ein feist grinsendes Krokodil mit Schirm und Handtäschchen vor einem Hintergrund aus Louis Vuitton-Logos posiert - da hätte es den Untertitel „Lacoste trifft Luois Vuitton“ wirklich nicht gebraucht.
Dieser Markenfetisch erinnert an die 1980er-Jahre, aber genauso Max Grimms Farben: rosa, grün, violett, die an Keith Harring erinnern und seinen Pinselstrich. Schwieriger zu deuten sind die ebenfalls quietschbunten – und auf den ersten Blick unfassbar kitschigen Bilder von Lezzueck Asturias Coosemans, auch bei ihm finden sich überall Tiere, hier aber haben sie eine fast fabelhafte Bedeutung. Ab 6. September versucht sich hier dann der Maler Dieter Zimmermann an der „Quadratur des Spreewalds“.
Weiter geht´s ins Potsdam Museum oder ins Kunsthaus "sans titre"
Wenn man die Galerie Sperl verlässt, kann man einen Abstecher ins städtische Potsdam Museum machen, wo derzeit Arbeiten von Walter Bullert zu sehen sind – oder aber gleich weiterschlendern zum Kunsthaus „sans titre“ in der Französischen Straße. Dorthin hat auch die Galerie Ruhnke gerade einen Ausflug gemacht und zeigt dort unter dem Titel „relax, if you can“ Arbeiten der Fotografin K.T. Blumberg – allerdings nur noch bis Sonntag dem 23. August. Der Abstecher lohnt sich aber, Blumbergs Bilder sind zynisch und lustig zugleich. Sie hat in den Alpen die absurden Auswüchse des Wintertourismus eingefangen. Die Natur wird – wie auf einem ihrer Fotos – zur Makulatur, zum billigen Abzug auf einem Platzset, auf den ein nur schlampig abgeschleckter Löffel Vanillesauce tropft.
Abstecher zur Galerie Kunst Kontor
Wer sich nach diesem tiefen Blick in die Ekligkeit des eigenen Wohlstandsvergnügens nicht zu schmuddelig fühlt, sollte weiter zur Galerie Kunst Kontor in der Bertini-Straße 16b. Überhaupt lässt sich die Runde durch Potsdams Galerien am besten mit dem Rad bewältigen – und die Tour durch den Neuen Garten und am Jungfernsee entlang ist dabei der schönste Abschnitt.
Das Kunst Kontor selbst, zwei kleine Räume im Erdgeschoss einer Villa, bietet zwar wenig Luft für die Arbeiten des Künstlerpaares Robert Metzkes und Barbara Putbrese – aber immerhin aufmerksame Beratung für potentielle Käufer der Skulpturen und aquarellhaften Bilder.
Beeindruckende Arbeiten in der kleinen Galerie am Jägertor
Auf dem Weg zurück in die Innenstadt lohnt ab Sonntag, dem 23. August, wieder ein kleiner Stopp im Kunsthaus – dann sind dort Arbeiten des Künstlers Peter Berndt zu sehen. Erstaunlich gute Arbeiten – verbunden mit klugen Ausstellungskonzepten – hat regelmäßig die vermutlich kleinste Potsdamer Galerie, die Galerie am Jägertor zu bieten. Sie ist so klein, dass sie nicht einmal im „Neuen Kunstkalender“ auftaucht, trotzdem gibt es bei Galeristin Kornelia Tappe immer etwas zu entdecken. Aktuell etwa die Arbeiten eines rumänischen Künstlers, der sich in seinen Karikaturen intensiv mit der Potsdamer Stadtgeschichte auseinandersetzt – und das auf eigensinnige, gar nicht plumpe Art. Da spielen etwa der Alte Fritz und Voltaire Tischtennis – als Netz dient das lange aber schmale Schloss Sanssouci. Oder die alte Straßenbahn, die hier am Stadtschloss vorbeigezogen wird, von einem kitschigen, pseudo-antiken Streitwagen mit Neptun als Kutscher und allerhand Meerjungfrauen als Zugpferde. Ein Teil der Arbeiten hängt – eine gute Gelegenheit für eine Pause – im Café Heider am Nauener Tor.
Ausstellungsräume des Brandenburgischen Kulturbundes
Wenn es jetzt noch nicht zu spät ist – Potsdams Galerien öffnen spät und schließen früh – kann man noch einen Abstecher in die Hermann-Elflein-Straße machen. Dort hat im „Güldenen Arm“ der Brandenburgische Kulturbund seine Ausstellungsräume. Ab Montag, dem 24. August sind dort wieder Arbeiten zu sehen, dann von der Bildhauerin Franziska Seifert. Ein Schlenker über die Charlottenstraße 122 führt zur Galerie Ruhnke – die derzeit auf Sommerfrische im „sans titre“ ist – und der Produzentengalerie M. In letzterer eröffnet am Donnerstag, 20. August, die Ausstellung „Bombay glitter meets arctic ocean“.
Wer nach dieser Tour ein wenig Entspannung braucht, sollte noch einen Blick ins Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Am Neuen Markt werfen. Dort erzählt die Ausstellung „Einfach. Natürlich. Leben“ von den Träumen und Idealen der frühen Aussteiger und Lebensreformbewegung in Brandenburg, und das auch noch bis zum 22. November.
Zu kaufen gibt es die Exponate hier – anders als in den echten Galerien – zwar nicht, aber schließlich geht es bei der Kunst ja ohnehin nicht ums Besitzen, sondern um den Reichtum, der dabei im Kopf entsteht. Dafür bietet Potsdam eine ganze Menge Futter.
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