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Götz Schallenberg im Museumshaus „Im güldenen Arm“: Gedankliches in Bewegung gesetzt

Eine Schau zum 70.: Werke von Götz Schallenberg im Museumshaus „Im güldenen Arm“

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Kuwalk, ein Dorf, ein Nest, irgendwo am nördlichen Rande der Prignitz? Nein, es ist ein einsam stehendes Gehöft. In ihm hat sich das Künstlerehepaar Sybille und Götz Schallenberg zurückgezogen, um zu wohnen und zu arbeiten. Pure Natur ringsherum. Hin und wieder zieht es sie hinaus in die weite Welt und sie erkunden Unbekanntes in Europa und in Asien.

Götz Schallenberg, ursprünglich aus Sachsen stammend, hatte im Berlin der DDR-Zeit mit seiner kritischen Haltung oft Schwierigkeiten mit den Mächtigen. Die ablehnende Haltung der Wolf Biermann-Ausbürgerung im Jahre 1976 war der Höhepunkt der Auseinandersetzungen. Für den Künstler, der ein Schwiegersohn des Berliner „Staats“-Malers Otto Nagel ist, blieb, nach eigenen Angaben, nur die Ausreise in den Westen, die Anpassung oder das Übersiedeln aufs Land. Und Letzteres taten er, seine Frau und ihre drei Kinder. Es sind also mehr als drei Jahrzehnte, dass die Schallenbergs in Kuwalk leben. Im November 1989 gründete er die Bürgerinitiative „Kunst im Dialog“ und rief die „Kuwalkade“ ins Leben: ein beliebtes multikulturelles Spektakel von Ausstellungen, Kunstaktionen und Konzerten, das viele aufs Gehöft lockt, welches man nur auf Feldwegen erreichen kann.

Von Kuwalk aus sendet Götz Schallenberg hin und wieder künstlerische Signale ins ganze Land. Eine Auswahl seiner Werke ist nun im Potsdamer Museumshaus „Im güldenen Arm“ in der Hermann-Elflein-Straße zu sehen. Der Veranstalter, der Brandenburgische Kulturbund, initiierte die Ausstellung anlässlich des 70. Geburtstags, den der Maler und Grafiker im Februar feierte.

Im Entrée des Museumshauses wird der Besucher von großformatigen Gemälden in Acryl empfangen. Ein zwiespältiger Empfang. Die Landschaft, die Schallenberg täglich vor Augen hat, ist in den Bildern eingefangen: Wege durch Felder, am Horizont Wälder, in der Nähe Bäume von Wind und Wetter arg zerzaust. Auch solche, die zum Sterben verurteilt sind, Opfer von unbarmherzigen Baumholzungen. Die zwar mit großzügigen Pinselstrichen gemalten Bilder weisen wenig Lockerheit auf. Sie vermitteln den Eindruck einer abweisenden, einer kritischen Distanz zu dieser gebeutelten Landschaft. Die schreiendlaute Farbgebung verstärkt sie noch. Das Selbstbildnis macht mit einem Mann bekannt, der seinem Gegenüber mit Ernst begegnet, obwohl er ein humoriger, charmanter Zeitgenosse sein soll.

Öffnet man jedoch die Türen zu den Räumen des Museumshauses, ist der Besucher überrascht. Götz Schallenberg offenbart sich als ein Holzschneider von Format. Der Künstler hat bereits vor Jahrzehnten damit begonnen, systematisch das Holz abzutasten, um seine Möglichkeiten und Grenzen für die alte Technik des Holzschnitts zu erfahren, mit dem sich Mönche im 15. Jahrhundert in alpenländischen Klöstern erstmals künstlerisch auseinandersetzten. Götz Schallenbergs expressive grafische Kunst, die auch in die Stille führt, bewahrt jahrhundertealte Werte. Schallenbergs Bildsprache bedient sich einer verknappten Form, aber sie ist von großer Ausdrucksstärke. Nicht nur der schwarz-weiße Holzschnitt ist seine Domäne, auch das Spiel mit den Farben beherrscht er in dieser Technik. Die zumeist großformatigen Blätter, die sich vom Holz als Material inspiriert zeigen, setzen Gedankliches in Bewegung.

„In dieser Zeit“ nennt der Veranstalter die Ausstellung. Das Nachdenken über politische Ereignisse war schon immer Götz Schallenbergs Sache: im Mittendrinsein, sich Einmischen und Stellung Beziehen, auch mit seiner Kunst. Im Jahre 1988 schuf der Künstler das Triptychon „Quo vadis?“, eine Antwort auf die Ausreise seines Sohnes Richtung Westen, in der er Fragen an das Warum und an die Ungewissheiten in einer fremden Welt stellt. Pessimistisch und zum Teil tragisch sieht der Künstler Entwicklungen in Deutschland. Da reflektiert er den biblischen Brudermord von Kain an Abel als ein Stück deutsch-deutscher Geschichte mit Sieger und Besiegtem. Besonders eindrücklich „Glatzen marschieren“, ebenfalls ein Triptychon: eine Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in unserem Land und anderswo. Die Bilder zeigen mit großer Deutlichkeit und Härte, wo es hinführen könnte, wenn Neonazis „Freiheiten“ zu menschenverachtenden Aktivitäten gegeben werden. Doch man kann mit Götz Schallenbergs Holzschnitten auch in die stillen Gesichter einer russischen Bäuerin oder eines polnischen Bergbauers schauen, einem intensiven Gespräch zwischen zwei Alten lauschen sowie in die herbe Schönheit der Prignitz eintauchen – Blätter, die die Schönheiten von Menschen und Landschaften beleuchten.

Bis 22. März, Museumshaus „Im güldenen Arm“, Hermann-Elflein-Straße 3, Mi. bis So. 12 bis 18 Uhr.

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