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Kultur: Gegenseitig trösten

Die Potsdamer Andreas Dresen und Nadja Uhl gingen bei der Verleihung des Filmpreises leer aus

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Am Ende wollte er nicht mehr reden. Sich nicht rechtfertigen. Keine Erklärungen abgeben. Nachdem die Filmakademie im Palais am Funkturm in Berlin die Lolas in den insgesamt 17 Kategorien des Deutschen Filmpreises 2006 vergeben hatte, wollte Andreas Dresen einfach nur noch seine Ruhe haben.

Sechs mal war der Regisseur mit seinem Film „Sommer vorm Balkon“ für die wichtigste deutsche Auszeichnung nominiert. Mit seiner eindringlichen Tragikomödie durfte sich der Potsdamer Hoffnungen machen, eine der begehrten goldenen Statuen mit nach Hause nehmen zu können, u.a. für die beste Regie, das beste Drehbuch oder den besten Film des Jahres. Am Ende bekam er: keine einzige. Diese Entscheidung der Jury stieß an diesem Abend bei vielen seiner Kollegen und Mitstreiter auf Unverständnis.

Im Vorfeld der Verleihung wurde Dresens Film als großer Favorit gehandelt, sein Werk von Kritikern und Publikum einstimmig als grandios gelobt. Leicht und unaufgeregt erzählt es die Geschichte zweier Frauen, die mit sich und ihrem Alltag kämpfen. Da wäre zum einen die toughe Nike, dargestellt von Nadja Uhl, die pragmatisch und zuversichtlich große und kleine alltägliche Hindernisse bewältigt. Dann gibt es da auch noch die vom Leben enttäuschte Katrin, gespielt von Inka Friedrich, die an jedem Problem, an jeder Hürde zu scheitern droht. Zwei Charaktere also, mit denen sich die Kinogänger bestens identifizieren konnten.

Nicht so offenbar ein Großteil der 750 Mitglieder der Deutschen Filmakademie. Sie kürten das Stasi-Drama „Das Leben der anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck zum großen Sieger dieses routiniert glanzvollen Abends. „Jeder hält seinen Film für den Besten. Glücklicherweise war die Akademie noch ein bisschen mehr auf meiner Seite“, sagte der Regisseur und Drehbuchautor im Anschluss an die knapp zweistündige Verleihung. Für seine Mitbewerber war der 33-Jährige dennoch voll des Lobes: „Ich mag Andreas Dresen gern, er ist ein ernsthafter und guter Regisseur. Ich freue mich, dass ich unter so starken Konkurrenten gewonnen habe“, sagte von Donnersmarck auch im Bezug auf die Werke von Hans-Christian Schmid („Requiem“) und Detlev Buck („Knallhart“).

Dass es für ihn vielleicht anders kommen würde als erhofft, ahnte Andreas Dresen wohl schon vor der Verleihung. „Ich werde mich ganz entspannt zurücklehnen, und wenn es mich dann doch trifft – umso besser. Der Filmpreis macht einen Film nicht besser oder schlechter“, sagte Dresen noch kurz vor Beginn der Show. Als „wirklich schmerzhaft“ empfand er, dass seine beiden Darstellerinnen Nadja Uhl und Inka Friedrich im Kampf um die „Lola“ für die weibliche Hauptrolle gegeneinander antreten mussten.

„Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Ich bereite mich darauf vor, beide zu trösten“. So kam es dann auch: Sandra Hüller setzte sich mit ihrer Darstellung einer epileptischen Studentin in „Requiem“ gegen Uhl und Friedrich durch. Und so musste sich das gesamte Team von „Sommer vorm Balkon“ letztlich gegenseitig Trost zusprechen.

Die Potsdamerin Nadja Uhl nahm ihre Niederlage gelassen. Sie sei sich im Vorfeld mit Inka Friedrich einig gewesen, dass es in Anbetracht der starken Konkurrenz für beide schlecht stünde. „Aber dass unser Film nicht einen einzigen Preis bekommen hat, verstehe ich nicht. Er hätte wenigstens eine kleine Anerkennung verdient.“ An eine solche Anerkennung glaubte Dresen dennoch, allein schon der vielen Nominierungen wegen, „an denen eine ganze Menge Geld für den nächsten Film dranhängt“. Bislang sei dieses Jahr ein „sehr starker Jahrgang“, der deutsche Film werde von den Zuschauern wieder zur Kenntnis genommen. „Das würde ich jetzt zwar nicht gleich als eine Hochzeit des deutschen Kinos bezeichnen. Aber wir müssen daran weiterarbeiten, dass die Leute dem deutschen Film vertrauen und Lust haben, in Geschichten zu gehen, die vor ihrer eigenen Haustür spielen. "

Für einen Potsdamer Filmschaffenden gab es an diesem Abend dann aber doch Grund zum Feiern: Für seine zumeist HipHop-lastige musikalische Untermalung des Films „Knallhart“ wurde Bert Wrede, Dozent an der Babelsberger Filmhochshcule, mit einer „Lola“ in der Kategorie „Beste Filmmusik“ ausgezeichnet.

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