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Facettenreich: Neben schwebenden Objekten aus leuchtendem Neonacryl des Installationskünstlers Walter Gramming (links) gibt es Ornamentales in Blau von Edith Wittich oder digital fotografierte Artefakte im geclonten Baby-Look von Frauke Danzer.

© Andreas Klaer

Von Almut Andreae: Geködert

Kunst made in Brandenburg: Innovativ und doch solide zeigte die 3. Art Brandenburg aktuelle Positionen in der Kunst

Stand:

„Ich bin eigentlich nicht so’n Messetyp“, wirft Künstlerin A Künstlerin B zwischen zwei Messeständen zu. Damit steht sie nicht allein. Nicht wenige der Künstlerinnen und Künstler, die sich in den drei vergangenen Tagen auf der Art Brandenburg präsentierten, räumen ein, dass es ihnen ein bisschen an Gelegenheit und Übung fehlt in Punkto Marketing in eigener Sache. Die „Art Brandenburg“, die auf Initiative des Brandenburgischen Verbands Bildender Künstlerinnen und Künstler vor vier Jahren als Produzentenmesse initiiert wurde, setzt genau hier an. Zusammen mit der Potsdam Messe GmbH wurde mit der zweijährlich stattfindenden Künstlermesse ein Forum geschaffen, wo Kunstproduzenten und -konsumenten ganz unmittelbar in Tuchfühlung miteinander gehen.

Dass es sich lohnt, dabei zu sein, spiegelt sich auf der „Art“ in der Babelsberger Metropolishalle in den Gesichtern der ausstellenden Künstler wider: „Man muss es einfach ausprobieren“, bringt es einer von ihnen auf den Punkt. Antrieb dafür, in den eigenen Messeauftritt zu investieren, dürfte für die meisten die gute Aussicht auf Kontakte sein. Als Beziehungsbörse zur potentiellen Kundschaft genauso wie zu den Kollegen hat sich die Art Brandenburg jetzt schon unverzichtbar gemacht.

Am Morgen nach dem Eröffnungsabend ist man im großzügig gestalteten Messeambiente der neuen Art-„location“ fast noch unter sich. Die Stimmung ist gelöst, gleichzeitig die Erwartung an den erhofften Publikumszuspruch spürbar. Die Künstler nutzen die Gunst der Stunde, um sich selbst einen Überblick über das reichhaltige Angebot zu machen oder mal einen Seitensprung rüber in die parallel stattfindende Genießermesse „Salon Sanssouci“ zu unternehmen, wo man die Qual der Wahl hat zwischen Austern- und Champagnerschlürfen, chromblitzenden Zwei- und Vierrädern, mobiler Massage oder italienischer Wurst.

Ob Lifestyle oder hehre Kunst: Auf Messen geht es wie im richtigen Leben am Ende stets um die Wurst. Da ist es nur konsequent, wenn die Potsdamer Künstlerin Heike Isenmann für ihren Messeauftritt Hirschwurst produzieren lässt und diese schelmisch als Köder für ihre feilgebotenen Hirschgeweihe, Malerei und Grafik auf die „Theke“ legt. Humoristische Avancen oder leichte Irritation sorgen an weiteren Ständen für lebhaftes Publikumsinteresse und angeregte Diskussionen.

Die plastizierten und digital fotografierten Artefakte im geclonten Baby-Look von Frauke Danzer oder die Installation „Herz“ von Birgit Cauer, angedockt über Plastikschläuche an den Kreislauf des Messesystems, springen unweigerlich ins Auge. Auch die schwebenden Objekte aus leuchtendem Neonacryl des Installationskünstlers Walter Gramming setzen im Messegeschehen attraktive Akzente.

Weniger spektakulär, doch nicht minder interessant präsentieren sich andere im Bereich der Grafik und Handzeichnung, darunter Rainer Ehrt sowie Laura Haase und Ellinor Euler, beide Kunstpreisträgerinnen aus diesem Jahr. Neben der Fotografie und den klassischen Disziplinen der freien Kunst sind auch die Gewerke Keramik, Holz, Hinterglasmalerei und Schmiedekunst mit interessanten Beiträgen vertreten. Genreübergreifend fallen die Tendenz zur figürlichen Darstellung und das Interesse an gegenständlicher Kunst ins Gewicht.

Gleichzeitig ist gerade bei den Künstlerinnen ein deutliches Faible an der formal-abstrakten Gestaltung mit Mustern und Mustervorlagen erkennbar. Inhaltlich findet in den verschiedenen Sparten vermehrt eine Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper und mit Leiblichkeit statt. Hier reicht das Spektrum von der naturalistischen Darstellung der Figur (wie bei Ulf Schüler) bis zur verstümmelten Körperlichkeit der „Schattenfrüchte“ von Ilka Raupach aus Porzellan. Daneben findet auch Kurioses wie der „Turm aus 1000 Kleiderbügeln“ von Heinz Bert Dreckmann und bodenständig Konventionelles auf dieser Messe seinen Platz.

In ihrer Vielfalt der Handschriften und Ausdrucksformen bildet die Messe mit ihren 80 Ausstellern einen zuvor qualitativ selektierten Ausschnitt der aktuellen Kunstlandschaft in Brandenburg ab.

Bleibt der nächsten Ausgabe der Brandenburgischen Künstlermesse im November 2011 zu wünschen, dass sie auf die bislang noch miteinbezogene Galeriepräsenz ganz und gar verzichten kann. Gleichfalls wäre, sollte die Art Brandenburg mit der Metropolis Halle im Filmpark Babelsberg vorläufig eine feste Bleibe gefunden haben, eine einfallsreichere Gestaltung des Foyers wünschenswert.

Der hier präsentierte Skulpturenbereich und die Sonderausstellung „Grenzgebiet“ mit Schwarz-Weiß-Fotografien von bisher unveröffentlichten Mauer-Sichten blieben trotz zentraler Stellung im Eingangsbereich im Gesamtbild etwas auf verlorenem Posten.

Almut Andreae

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