Kultur: Glücklich, beim König in Gnaden zu stehen
Wolfgang Amadeus Mozarts Aufenthalt im Frühjahr 1789 in Potsdam
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Ja, der König Friedrich Wilhelm II. wusste in musikalischen Fragen gut Bescheid. Darin ähnelte er seinem Onkel Friedrich II., seinem Vorgänger auf dem Thron. Soll dieser die Querflöte hervorragend geblasen haben, so gab es Ohrenzeugen, dass der Neffe bestens das Violoncello strich. Er bewunderte Musiker und Komponisten wie Jean Pierre Duport, seinen Cellolehrer, oder die Tonsetzer Haydn, Mozart, Beethoven, Dittersdorf, Gluck und Boccherini. Gern hätte er einige von ihnen in seiner Nähe gehabt. Der König unterstützte sie jedenfalls mit Kompositionsaufträgen und honorierte sie königlich. Haydn widmete ihm sechs Streichquartette, Mozart komponierte ebenfalls drei Quartette. Der Cellopart hatte dabei weitgehende Dominanz. Für die Tochter des Königs, Prinzessin Friederike Charlotte, schrieb der Salzburger Klaviersonaten.
In einer Mozart-Biografie des zweiten Ehemannes von Constanze Mozart, Georg Nikolaus von Nissen, heißt es, dass Friedrich Wilhelm II. mehrfach bei Mozart anfragte, ob er von Wien in die preußischen Residenzstädte Berlin und Potsdam wechseln würde. Wolfgang Amadeus Mozart hatte eine gute Meinung über den König, denn schließlich subventionierte er die Künste, vor allem die Musik und die Oper. Er baute sogar ein Theater in Potsdam, in das auch das Bürgertum Einlass fand. Programmatisch war die Widmung über dem Eingang: „Dem Vergnügen der Einwohner“. Und dem Komponisten freute es besonders, dass am 16. Oktober 1788 seine Oper „Belmonte und Constanze“ (Die Entführung aus dem Serail“) Einzug in Berlin hielt, denn der König unterstützte nicht nur die italienische und französische Oper, sondern half auch dem deutschen Nationaltheater sich zu etablieren. 1790 wurde „Die Hochzeit des Figaro“ erstmals in Potsdam inszeniert.
1789 reiste Mozart nach Preußen. Ob er den Ruf Friedrich Wilhelms II. folgte oder seinem Gönner, den Fürsten Lichnowsky, bei Inspektionsreisen zu dessen Besitzungen in Potsdam begleitete, ist ungeklärt. Die Reise führte über Dresden und Leipzig nach Potsdam. Am 26. April kam er mit der Kutsche in der Residenzstadt an. Seine Fahrt endete bei dem Hornisten Türrschmidt, der Am Bassin 10 wohnte. Den Musiker kannte Mozart aus Paris. Dem König meldete man die Ankunft des Gasts aus Wien. Das schriftliche Protokoll gab bekannt: „Der nahmens Mozart allhier hat sich beim Einpassieren für einen Kapellmeister aus Wien ausgegeben, meldet, dass ihn Fürst Lichnowsky zur Gesellschaft mit sich genommen, dass er wünsche, seine Talente zu Euer Königlichen Majestät Füßen zu legen und dass er Befehl erwartete, ob er hoffen dürfe, dass Euer Königlichen Majestät ihn vorkommen lassen würden.“
Zunächst besuchte Mozart ganz unbefangen den berühmten Cellisten Duport, der am Wilhelmsplatz wohnte. Er hatte großen Einfluss bei Hofe. Die Begegnung blieb recht kühl, denn Duport witterte, dass ihm, wenn Mozart nach Preußen übersiedeln würde, seine bisher unangefochtene Stellung beim König verloren ginge. Dem Wiener ärgerte es jedoch, dass Duport während des Gesprächs nicht bereit war, Deutsch zu sprechen, sondern nur Französisch. Mozart soll danach gesagt haben, „dass so ein welscher Fratz, der jahrelang in deutschen Landen wäre und Brot frässe, nicht deutsch rede oder radebreche, so gut oder so schlecht ihm sein französisches Maul dazu gewaschen wäre“. Duport konnte natürlich nichts dagegen tun, dass Mozart von Friedrich Wilhelm II. empfangen wurde, im neuerbauten Marmorpalais im Neuen Garten. Über diese Begegnung sind Legenden entstanden. Konstanze Mozart erzählte nach dem Tod ihres Mannes – sie beruft sich dabei auf die Berichte des Monarchen - : „Als Mozart einmal mit dem König im Neuen Garten allein war, fragte dieser, was er von der Hofkapelle halte. Mozart, dem nichts fremder war als Schmeichelei, antwortete: „Sie haben die größte Sammlung von Virtuosen in der Welt, auch ein Quartett habe ich nirgends so gehört, aber wenn die Herren alle zusammen sind, könnten sie es noch besser machen.“ Der König freute sich über seine Aufrichtigkeit und sagte ihm lächelnd: „Bleiben sie bei mir, sie können es dahin bringen, dass sie es noch besser machen! Ich biete ihnen jährlich 3000 Taler Gehalt an“. – „Soll ich meinen Kaiser ganz verlassen?“, sagte Mozart und schwieg nachdenkend. In Wirklichkeit hatte der „gute Kaiser“ diese Rücksicht überhaupt nicht verdient, denn er war es, der Mozart darben ließ.“
Inzwischen respektierten sich der Gast aus Wien und der Cellovirtuose Duport, denn Mozart schmeichelte ihm, indem er Klaviervariationen über ein Menuett des Cellisten aufs Notenpapier brachte. Der berühmte Komponist war auch bekannt mit dem Stuckateur Joseph Sartory, der im Neuen Palais tätig war. Mozart soll in dessen Hause, in Berlin oder Potsdam, für eine Abendgesellschaft musiziert haben. Eine der bekanntesten Sopranistinnen der damaligen Zeit lebte in Potsdam, einige Jahre in der heutigen Berliner Straße 136: Henriette Baranius. Sie sang unter anderen Partien in „Die Entführung aus dem Serail“, „Die Hochzeit des Figaro“, „Don Giovanni“, „Die Zauberflöte“. Die Baranius war verheiratet mit Friedrich Wilhelms Geheimkämmerer Johann Friedrich Ritz, der eine Scheinehe mit der Gräfin Lichtenau einging. Sie war die langjährige Mätresse des Königs.
Bei allen Freundlichkeiten, die dem Komponisten in Potsdam und Berlin entgegen gebracht wurden, reiste er Ende Mai 1789 über Prag nach Wien zurück. In einem Brief aus Potsdam schreibt Mozart an seine Frau am 23. April unter anderen: „ Mein liebes Weibchen, du musst dich bei meiner Rückkunft schon mehr auf mich freuen, als auf das Geld. 2tens. hat Lichnowsky mich, weil er eilen musste, mich früh verlassen, und ich folglich in dem teuren Orte Potsdam selbst zehren müssen. 3tens habe ich 100fl. jemandem leihen müssen, weil sein Beutel abnahm. Du musst schon mit mir zufrieden sein, dass ich glücklich bin, beim König in Gnaden zu stehen ...“
Nach Mozarts Tod im Jahre 1791stand Konstanze Mozart „in Gnaden“ des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. Am 28. Februar 1796 fand in Berlin ein Gedenkkonzert für Mozart statt an dem dessen Witwe teilnahm. Sie soll dabei als Sängerin. Mit der Konzertarie „Nehmt meinen Dank, ihr holden Götter“ KV 388 hat sie sich musikalisch bedankt, denn die Einnahmen der Veranstaltung kam der Familie Mozart zugute.
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