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Kultur: Herzensangelegenheit

Marie-Nicole Lemieux und Ensemble Matheus

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Marie-Nicole Lemieux und Ensemble Matheus Marie-Nicole Lemieux gehört zu den bekanntesten Altistinnen unserer Zeit, besonders in der Alte-Musik-Szene. In der Friedenskirche Sanssouci gab sie gemeinsam mit dem Ensemble Matheus (Leitung: Jean-Christophe Spinosi) ein viel umjubeltes Konzert. Sie musizierten zehn virtuose Originalarien für Altistinnen aus Opern Georg Friedrich Händels und Antonio Vivaldis. Mit den Raritäten gab Marie-Nicole Lemieux den Geschmack für eine lebendige, elegant verzierte Gesangskunst der Barockzeit fast authentisch wieder. Am Ende des 17. Jahrhunderts wurde in Rom von Papst Innocenz XI untersagt, dass Sängerinnen in der Oper mitwirkten. Nur verschnittene Männer durften im Theater und in der Kirche singen. Dennoch wurde das Verbot in Italien übergangen. Mezzsopranistinnen und Altistinnen wurden oftmals zu Rivalinnen von Kastraten. Sie sangen Männer- und Frauenpartien. Liebe, Gewalt, Eifersucht, natürlich jede Menge Missverständnisse, Einsicht und Gnade findet man in den Sujets der Opern, die Vivaldi und Händel in damals bekannten und oft benutzten Libretti fanden, in „Ottone in Villa“, „Semiramide“, „Rodelinda“, „Bajezet“, oder „Orlando Furioso“. Marie-Nicole Lemieux interpretierte die Arien, die ihren Reiz aus gegensätzlichen Stimmungen heraus ziehen, mit einer verblüffenden stimmlichen Frische und einer seltenen Unvoreingenommenheit. Die große Trumpfkarte ist das einmalig warme Timbre ihres Alts, das mit wundervoll runden Höhen besticht, die auch einen fast sopranhaften Glanz auszustrahlen vermögen. Mit technisch sicherer Stimmakrobatik besingt sie beispielsweise in „Amadigi di Gaula“ (Händel) Dardanos Aufgewühltheit seines Herzens, sie breitet die furiosen Rachepläne des Nino in „Semiramide“ (Vivaldi) aus oder besingt mit schmeichelnder Leichtigkeit die Sanftheit des Unolfo in „Rodelinda“ (Händel). Das Ensemble Matheus unter dem temperamentvollen Dirigenten Jean-Christophe Spinosi wusste mit einer äußerst differenzierten instrumentalen Auslegung jeder Arie eine ganz individuelle Farbe zu geben. Es spielte dabei Kammermusik vom Feinsten, auch in den beiden zusätzlichen Instrumentalwerken, das Orchesterstücke aus den Opern „ „L“Olimpiade“ und „“L“Orlando Furioso“ (Vivaldi) bereithielt. Dass für Spinosi und dem renommierten Ensemble die barocke Opernmusik eine wahre Herzensangelegenheit ist,vernahm man am gesamten Abend. Mit zupackendem Verve und mit großer Sensibilität wurde musiziert. Die Instrumentalisten ließen Händels und Vivaldis Musik nie antiquiert museal klingen, sondern präsentierten sie in einem schnörkellos-leichten Klangbild, das einfach mitriss. Das Publikum spendete langanhaltenden Applaus für ein Ausnahmekonzert, das bei den Musikfestspielen 2005 nicht das einzige war. Zwei Zugaben mussten Marie-Nicole Lemieux und das Ensemble Matheus noch geben, darunter eine Arie aus „Orlando furioso“ von Antonio Vivaldi, das jetzt als CD-Gesamtaufnahme vorliegt. Sängerin und Dirigent signierten nach dem Konzert ihre Einspielung. Klaus Büstrin

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