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Überzeugungstäter. Ein Orchester könne gar nicht oft genug Haydn spielen, findet Johannes Klumpp. Mit der Kammerakademie spielt er Haydns Sinfonie Nr. 104 D-Dur.

© Janine Kuehn

Kultur: Himmelsmusik, doch auch geerdet

Der junge Stuttgarter Dirigent Johannes Klumpp musiziert mit der Kammerakademie Potsdam

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Zu seinen Lebzeiten war Joseph Haydn eine Berühmtheit, aber schon 30 Jahre nach seinem Tod nannte Robert Schumann ihn einen „Hausfreund“, der zwar „immer gern und achtungsvoll“ empfangen werde, aber für die „Jetztzeit“ nicht mehr von Interesse sei. Er wurde nur als Vorläufer von Mozart und Beethoven betrachtet. Das ist glücklicherweise passé. Der junge Dirigent Johannes Klumpp beschäftigt sich außerordentlich gern mit dem Hofkapellmeister des Fürsten Esterhazy und freut sich, wenn er ein Haydn-Werk im Konzertsaal aufführen darf. „Der Meister muss es faustdick hinter den Ohren gehabt haben“, meint Johannes Klumpp. „Seine Musik ist voller Spritzigkeit. Humor und Ironie sind inbegriffen. Er war außerdem ein experimentierfreudiger Komponist, der zu seiner Zeit das verkörpert hatte, was man heute Avantgarde nennt.“

Am kommenden Sonntag wird der in Stuttgart beheimatete Dirigent mit der Kammerakademie Potsdam Joseph Haydns Sinfonie Nr. 104 D-Dur, auch die „Londoner“ genannt, innerhalb der erfolgreichen Konzertreihe in der stimmungsvollen Friedenskirche im Park Sanssouci aufführen. Sie ist die letzte der zwölf „Londoner“ Sinfonien, zugleich der letzte Beitrag Haydns zu dieser Gattung überhaupt, entstanden und uraufgeführt im Jahre 1795. Der Potsdamer Klangkörper hat sich seit seiner Gründung im Jahre 2001 immer wieder dem Schaffen des Komponisten zugewandt. Vor allem seine Sinfonien stehen oftmals im Mittelpunkt der Konzerte. „Ein Orchester sollte so oft wie möglich Haydn spielen, denn das Geerdete in seiner Musik lässt ein Orchester wunderbar zusammenfinden“, findet der Stuttgarter Dirigent.

Oft wird behauptet, Mozart habe die Harfe wenig geschätzt. Ob das in der Tat so war, ist allerdings nicht belegbar, denn es fehlen verbindliche Aussagen. Berühmt wurde eigentlich nur sein zauberhaftes Konzert für Flöte, Harfe und Orchester KV 299. „Da das Konzert-Repertoire für Harfenisten nicht mit großer Fülle gesegnet ist, müssen sie auf Suche nach Werken gehen, die sich für die Harfe transkribieren lassen. Marie-Pierre Langlement hat das Klavierkonzert C-Dur KV 418, das im Winterhalbjahr 1782/83 geschrieben wurde, für unser gemeinsames Konzert vorgeschlagen. Es lasse sich auch bestens auf der Harfe spielen“, erzählt Johannes Klumpp. Selbstbewusst schrieb Mozart an seinen Vater, dass das Konzert sehr brillant sei, angenehm in den Ohren, ohne in das Leere zu fallen. Es gibt bereits mehrere Versionen von Mozarts Klavierkonzerten, die für Harfe arrangiert wurden. Marie-Pierre Langlement, die renommierte Soloharfenistin der Berliner Philharmoniker, musiziert außerdem zwei Tänze des französischen Impressionisten Claude Debussy. Doch irgendwie wirken sie zwischen den Werken von Haydn und Mozart wie Fremdkörper. Der Franzose meinte sogar, dass Mozart ein „kleiner Lustmolch“ gewesen sei, der die „Deutschen ärgern wollte“. Wie auch immer, Klumpp ist davon überzeugt, dass Debussys Musik gleichermaßen weltliche und sakrale Musik sei, ähnlich wie Mozarts. Und somit haben sie einen guten Platz im Konzert. Der Dirigent machte aber auch auf den Auftakt des Konzerts in der Friedenskirche aufmerksam, auf die Ouvertüre zur Schauspielmusik „Olympia“ des deutsch-schwedischen Komponisten Joseph Martin Kraus, der Kapellmeister am Hofe König Gustav III. in Stockholm war. „Er schrieb eine Musik voller Dichte und Dramatik, die an Mozarts ,Don Giovanni‘ erinnert.“

Johannes Klumpp dirigiert nicht zum ersten Mal die Kammerakademie Potsdam. Vor zwei Jahren hat er mit ihren Mitgliedern bei der Eröffnung der Stadtteilschule Drewitz musiziert. „Damals hatten wir nur die Möglichkeit, uns zu ,beschnuppern‘, doch jetzt freue ich mich auf die intensive Zusammenarbeit. Die Kammerakademie ist ein Klangkörper, der in der deutschen Orchesterlandschaft einen sehr guten Klang hat.“

Der 35-Jährige ist in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen gut zu Hause. „In meiner Generation sind, so glaube ich, die verkrusteten Bilder vom Besserwessi und Jammerossi längst aufgebrochen oder sogar eingestampft. Ich bin jedenfalls überall dort gern, wo mir die Arbeit Spaß macht, wo ich angenommen werde und mit meinen Kollegen tolle Musik machen kann.“ Johannes Klumpp studierte an der Weimarer Musikhochschule, ist Chefdirigent des ausschließlich aus jungen Musikern bestehenden Folkwang-Orchesters Essen, das Abschlussstudenten auf dem Weg in das Berufsleben begleitet, und leitet seit 2007 gemeinsam mit dem Pianisten Rolf-Dieter Arens die SommerMusikAkademie auf Schloss Hundisburg bei Magdeburg, die in jedem Jahr im August stattfindet.

Konzert in der Friedenskirche Sanssouci am 22. Februar um 18 Uhr mit der Kammerakademie Potsdam. Dirigent: Johannes Klumpp.

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