Kultur: Hochlöbliches vom „Bauminister“
Baumeister Schinkel im Kutschstall-Schaufenster
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Er war der Szymanski des damaligen Preußen-Landes. Die meiste Zeit verbrachte der berühmte Architekt Karl Friedrich Schinkel an seinem Schreibtisch, um Bauanweisungen zu verfassen. Alle Aufträge, die teurer als 5000 Taler waren, unterlagen seiner Prüfung. Eine Facette von Schinkels Tätigkeit, die heutzutage eher übersehen wird.
Eine Mini-Schau im Haus der brandenburgisch-preußischen Geschichte (HBPG) widmet sich seit gestern dieser zeitraubenden, aber eher unspektakulären Tätigkeit: Schinkel als Beamter der obersten preußischen Baubehörde – ein Job, der dem des heutigen Bauministers Szymanski ähnelt. Anlässe dieser Offerte gibt es gleich drei: Zum einen feierte man gestern den 225. Geburtstag des vielseitig begnadeten Gestalters. Außerdem möchte das HBPG schon jetzt mit einem Appetithäppchen auf die große Schinkel-Ausstellung ab Mai im Kutschstall einstimmen. „Schinkel – Künstler. Preuße. Brandenburger“ wird schließlich die zentrale Ausstellung zum Themenjahr von Kulturland Brandenburg 2006 sein.
Und nicht zuletzt unterzeichneten gestern Gert Streidt, Direktor vom HBPG, und Klaus Neitmann, Chef vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv, eine Kooperationsvereinbarung. Sichtbares Ergebnis dieses „Ehevertrages“: Die als „Schaufenster“ bezeichnete Vitrine im Kutschstall wurde vom Archiv bestückt. Und das nicht nur als Eintagsfliege zu Ehren von Schinkel: Künftig sollen archivalische Kostbarkeiten regelmäßig die Dauerausstellung „Land und Leute“ im Kutschstall ergänzen.
„Durch die Kooperation der beiden Häuser werden Synergien genutzt“, kommentierte Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) diese Liaison. So bringe das HBPG sehr erfolgreich landesgeschichtliche Themen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, während das Archiv über wertvolle Archivgüter verfüge.
Das „Schaufenster“ ist gefüllt mit eigenhändigen Schreiben und Zeichnungen Schinkels aus seiner 30-jährigen Tätigkeit als Baumeister. Insbesondere seine Mitwirkung an Potsdamer Kirchenbauten – der Nikolaikirche, Französischen Kirche und Alexander-Newski-Kirche – ist darin nachzulesen.
Der Ton dieser Schreiben dürfte sich indes von heutigen Amtsschreiben gründlich unterscheiden. So schrieb Schinkel 1830 an die Regierung Potsdam: „Einer Hochlöblichen Regierung danke ich verbindlichst für die Mittheilung der Ministerial-Verfügung in Betreff des Baues der Nicolai-Kirche, welche mir gleichfalls aus dem Hohen Ministerio bereits zugekommen war. In Betreff der Einleitungen zu diesem Bau haben sich meine vorläufigen Sorglichkeiten mit den Wünschen Einer hochlöblichen Regierung gekreuzt ...“ Zwecke des hochlöblichen Schreibens Schinkels war das Anheuern von Persius und zwei weiterer Helfer beim Bau der Nikolaikirche. Der Ton machte also schon damals die Musik.
Das „Schaufenster“ öffnet nur einen kleinen Spalt in das Wirken Schinkels. Ab dem 19. Mai werden die Türen dann weit aufgestoßen. Heidi Jäger
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