zum Hauptinhalt

Kultur: Hoffnung für Kummerow

Henry Hübchen war zu Gast im Inselkino

Stand:

Die „Hoffnung“ liegt auf Trockendock. Eingestaubt, vergessen. So wie es dem Achter ergeht, mit dem der Ruderklub einst Kreismeister-Ehren einfuhr, soll es für Kummerow nicht enden. Jedenfalls nach dem Willen des unverzagten Alleinkämpfers Oscar Kubiczek. Als Bürgermeister summt er emsig wie eine Biene um den Honigtopf der versprochenen blühenden Landschaften und versucht seine triste Kleinstadt vor dem Aussterben zu retten. Auf jede noch so abgefahrene Idee sattelt er auf, denn die Hoffnung stirbt zuletzt. Jedenfalls bei ihm. Und wenn es mit Wellness und Werftmuseum nichts wird, dann vielleicht mit der Produktion eines ganz neuen Boots-Werkstoffs ...

Henry Hübchen, der als liebenswert besessener Bürgermeister für 90 pointenreiche Filmminuten sorgt und mit Witz und anrührender Menschlichkeit beste Unterhaltung bietet, war am Samstag Gast im Thalia-Inselkino, um seine „Hoffnung für Kummerow“ vorzustellen. Zu einem anschließenden Filmgespräch, das den Namen auch verdient, kam es indes nicht. Es blieb bei zwei Fragen: eine aus dem Publikum, eine von der Thalia-„Moderatorin“. Schade!

Die Frage nach dem Drehort war schnell geklärt: Gleich um die Ecke, in Fresdorf und Wildenbruch am Seddiner See, entstand diese fürs Fernsehen produzierte Komödie von Jan Ruzicka, in der auch Dagmar Manzel, Uwe Kockisch und Christine Schorn auf tragikomischer Fahrt durch den Osten Vollgas geben. Ja, und eine Fortsetzung dieser Nachwende-Verlierer-Satire würde sich Hübchen natürlich auch wünschen. „Aber es geht ja nicht nach mir“, beantwortete er brav die andere Frage. Danach verschwand er von der (unbeleuchteten) Bühne, erzählte auf PNN-Nachfrage aber wenigstens noch über seine jüngsten Projekte.

Nachdem er vor zwei Jahren „Hoffnung für Kummerow“ abgedreht hatte, die nun als Fernseh-Nachklapp zu sehen war, arbeitete Henry Hübchen für die ARD-Produktion „Der Uranberg“. Darin geht es um eine bislang noch nicht im Film erzählte reale Geschichte: wie nach dem Zweiten Weltkrieg die Russen in Thüringen Uran abbauen, um Atombomben zu produzieren. „Ich spiele darin den Chef des Kombinats.“ Henry Hübchen fand in diesem Film von Dror Zahavi aber nicht nur die Geschichte um das Wettrüsten interessant, sondern wie Leute nach dem Zusammenbruch mit unterschiedlichen Indoktrinationen aufeinandertreffen und miteinander leben müssen. „Und dabei 100 000 Vorurteile haben. Die Deutschen sind für die Russen die Faschisten, und die Russen für die Deutschen Untermenschen. Pauschalisierungen, wie wir sie auch heute kennen. Alle meinen zu wissen, was Muslime sind oder wie wir Deutschen ticken. Aber keiner kennt den anderen wirklich.“

Der in diesem Frühjahr gedrehte Kinofilm „Polnische Ostern“ des Nachwuchsregisseurs Jakob Ziemnicki erzählt von einem Bäckermeister, der verhindern will, dass seine Enkelin nach dem Tod der Mutter beim Vater in Polen aufwächst. Wiederum eine Tragikomödie um Voreingenommenheiten und menschliche Schwächen, für die Henry Hübchen als Hauptdarsteller wohl Garant eines facettenreichen Spiels sein dürfte. Wann die Filme ins Fernsehen oder Kino kommen, weiß der 63-jährige Berliner nicht. „Bis dahin kann ich tot sein“, sagte er sarkastisch.

Dass so viele Leute „für einen so kleinen Film“ wie „Hoffnung für Kummerow“ auf die Freundschaftsinsel gekommen sind, freute ihn indes sehr. „Er ist ja nur eine DVD-Version“, die jetzt aber, ein Jahr nach der ARTE-Ausstrahlung, in etwa 20 kleinen Programmkinos zu sehen ist. Im Thalia allerdings vorläufig nicht, da bereits alle Säle mit anderen Filmen belegt sind. Da muss man schon ins Toni nach Berlin fahren, wo er demnächst gezeigt werden soll. Die S-Bahn-Fahrkarte lohnt durchaus. Allein um zu verfolgen, wie es Oskar am Ende doch noch gelingt, die Kummerower aus ihrer Lethargie zu reißen und wie die entstaubte „Hoffnung“ zur Höchstform aufläuft.Heidi Jäger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })