Von Klaus Büstrin: Hoffnungsträger Theater
Der kurdische Schauspieler Ihsan Othmann inszeniert „Warten auf Regen“ / Morgen im Hans Otto Theater
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Ihsan Othmann. Der Zuschauer der aktuellen Opernaufführung von „Die Entführung aus dem Serail“ im Schlosstheater im Neuen Palais wird ihn im Gedächtnis behalten. Als Bassa Selim (Pascha), der gefürchtete Herr eines Harem, ist keineswegs der Grausame. Er entpuppt sich am Schluss sogar als großmütig und aufgeklärt, der seine Gefangenen wieder freilässt. Der Bassa Selim ist die einzige Sprechrolle in dieser Oper. Ihsan Othmann spricht sie meist in arabischer Sprache. Und man muss sie hierbei wohl nicht unbedingt verstehen, denn durch seine Art des Sprechens und Agierens vermag er genauen Ausdruck der jeweiligen Situation zu geben..
Obwohl der Schauspieler mit der deutschen Sprache bestens umzugehen vermag, wählte Regisseur Uwe Eric Laufenberg das Arabische, der Authentizität wegen. Am morgigen Donnerstag ist am Potsdamer Hans Otto Theater das Stück „Warten auf Regen“ zu erleben. Nicht als Schauspieler wird man Othmann auf der Bühne sehen, sondern er war der Regisseur dieser Produktion. Außerdem hat er das Stück frei nach Samuel Becketts „Warten auf Godot“ geschrieben.
Ihsan Othmann stammt aus dem Irak. Genauer gesagt, aus dem Norden dieses Landes, aus Kurdestan. Seine Heimatstadt ist Dihouk, in der heute 600 000 Menschen leben. Schauspieler wollte er werden, obwohl das Theater nicht zur kulturellen Tradition in dem vom Islam geprägten Staat gehört. An der Kunsthochschule in Dihouk nahm er ein Schauspiel- und Regiestudium auf. Im Irak gibt es keine Schauspielschulen wie beispielsweise in Europa. Dort studiert man in Einrichtungen, in denen zugleich auch bildende Kunst gelehrt wird. Die meisten Absolventen ergreifen den Beruf eines Lehrers.
Seit 1994 lebt Ihsan Othmann in Deutschland, vor allem in Berlin. Er arbeitete unter anderen auch in Hamburg und in Nürnberg. Mit kurdischen und arabischen Schauspielern hat er unlängst das Schauspiel „Der Tod und das Mädchen“ von Ariel Dorfman zur Aufführung gebracht, in kurdischer, arabischer und deutscher Sprache. „Die Themen Folter, Schuld und Vergeltung unter Chiles Militärregierung, die das Stück behandeln, sind auch heute im Irak nach der Zeit Saddam Husseins aktuell.“
„Warten auf Regen“ erzählt von einer amerikanischen Soldatin und einer deutschen Söldnerin, die auf der Suche nach ihrer Einheit sich in der Wüste verirrt haben. Sie treffen auf einen Araber und einen Kurden, die aus einem Gefangenen- lager geflüchtet sind. Jeder von ihnen hofft nun, dass der andere sie aus der Wüste führen könne. „Das Stück soll deutlich machen, dass man nur gemeinsam einen Weg aus der Krise finden kann, durch Kommunikation und Handeln“, sagt Ihsan Othmann. Gespielt wird das Stück von einer persischen und zwei deutschen Schauspielerinnen sowie einem kurdischen und einem arabischen Schauspieler, von Antje Thiele, Cornelia Werner, Kaval Sdqi, Haytham A. Ali, und Mouafaq Rushdie. Damit der Zuschauer die ungewohnte Sprachenvielfalt versteht, wird mit Übertiteln gearbeitet. Nach der Aufführung in Potsdam wird „Warten auf Regen“ mehrmals in Berlin und anschließend im Nordirak, also in Kurdestan, gespielt. „Dort ist die Sicherheitslage erheblich stabiler, also ruhiger, als in anderen Landesteilen“, erklärt Othmann.
„Das Theater - obwohl ohne Tradition – ist im Irak sehr populär, anders als die Filmproduktion, die fast zusammengebrochen ist. Es gibt eine Vielzahl von Theateraufführungen. Sie sind für die Menschen in diesen unruhigen Zeiten ein wichtiges Nahrungsmittel, Hoffnungsträger, obwohl radikale islamische Gruppen das Theaterspiel immer wieder verhindern möchten“, erzählt Ihsan Othmann. „In Bagdad beispielsweise gibt es nur noch einen einzigen Spielort, alle anderen Theater sind zerstört oder werden von amerikanischen Truppen für andere Zwecke genutzt. Allerdings liegt es mitten in einem sehr gefährlichen Viertel. Und so beginnen die Vorstellungen bereits schon um 13 Uhr, weil man nach 16 Uhr auf den Straßen von Bagdad nicht mehr ausgehen sollte – zu gefährlich. “
Ihsan Othmann ist gespannt, wie das Potsdamer Publikum „Warten auf Regen“ aufnimmt. Jedenfalls ist er dem Hans Otto Theater sehr dankbar, dass es ihn und die Produktion so wunderbar unterstützt.
„Warten auf Regen“ am 16. Oktober, 19.30 Uhr, Reithalle A, Schiffbauergasse
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