Kultur: Höfisch-galant
Ein barocker Gartennachmittag am Neuen Palais und abendliches Wandeln durch versteckte Reiche
Stand:
Mit dem Boot kann man nicht mehr anlegen. Der Canale Grande, der direkt am Gartensalon im Park Sanssocui vorbeiführte und zum Ausstieg in die blumenumrankte Idylle einlud, ist längst zugeschüttet. Auch die prächtige Blüte, die das kunstvoll geschmiedete Gitter um den Freiluftsalon einst überrankte, ist zur Zeit recht trist anzusehen, obwohl der kleine ruhige Gartenraum erst im Jahr 2000 rekonstruiert und neu bepflanzt wurde. Aber es fehlt an Personal, um Hecken zu pflegen und in Schwung zu halten, beklagte Eberhard Bergner, Fachbereichsleiter im Park Sanssouci, am gestrigen Mittwoch bei einem Pressegespräch.
Dennoch ist dieser Gartensalon direkt neben dem Neuen Palais durchaus sehenswert, insbesondere wenn er höfisch-galant bespielt wird. Und dazu lädt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten am kommenden Sonntag ab 13 Uhr bei einem Familienfest ein. Jahrmarktsstimmung soll sich verbreiten, wie sie einst die höfische Gesellschaft so liebte. Als erstes bekommen die Gäste einen Benimmkurs und lernen, wie man sich standesgemäß herausputzt und mit unmissverständlicher Geste Abstand zu wahren weiß. Fächer und feine Spangen können bei der wandelnden Galanteriewarenhändlerin erworben werden, um sich im barocken Schick aufzupeppen. Für entsprechenden Zeitgeist sorgen zudem Pantomimen in Stil der Comedie italienne sowie Historien und Lieder, die ein fahrender Sänger, begleitet von „Frau Orchester“, darbietet. Alles klein und fein, in preußisch-barocker Akkuratesse und mit künstlerischem Flair gepudert.
Einst war dieser Gartenraum der Empfangssalon, von dem man einen freien Blick auf die Balustrade des Neuen Palais hatte, der inzwischen von hohen Lindenbäumen teils verdeckt ist. Die Ankunft per Wasser, das abgrenzte und beruhigte, ist seit der Kaiserzeit passé. Dieser ließ den etwa zwei Kilometer langen Kanal, von dem nur noch der Schafgraben übrig ist, trockenlegen, als der Wasserstand immer niedriger und der Gestank immer größer wurde. Die Angst vor Pest und Cholera ging um. So wurde nach 80 Jahren nicht nur der Kanal, der zugleich Lieferweg für Materialien und den verschifften Skulpturen aus Carrara war, zugeschüttet. Auch Seen, Teiche und Tümpel legte man trocken. Eberhard Bergner wird in seiner Führung abseits großer Wege hinter die Hecken schauen und ein plastisches Bild der barocken Schönheit heraufbeschwören.
Abseits ausgetretener Besucherpfade lädt die Stiftung in ihrer Reihe „Preußisch Grün“ auch am darauffolgenden Freitag, dem 15. Juli, ein. Dann gilt es, „die Langsamkeit zu entdecken“. Start der Führung durch die Heckenquartiere ist dort, wo der Ausflug für die meisten Parkbesucher gewöhnlich endet: am Schloss Sanssouci. Von dort aus geht es ins Entführungsrondell, ins Musenrondell, zur Glocken- und Froschfontäne. Nicht alles, was diese klangvollen Namen versprechen, gibt es heute auch noch wirklich zu sehen. Die 20 einst wasserspeienden Frösche an der Froschfontäne wurden um 1900 abmontiert. Sechs der Überlebenden sitzen im Depot auf dem Trockenen. Aus Zinkguss gefertigt, waren sie nicht gerade wasserresistent. „Man experimentierte damals viel, als endlich 1842 das Wasser im Park sprudelte. Aber man zahlte auch viel Lehrgeld“, sagt Heiko Muschik, ebenfalls Fachbereichsleiter im Park Sanssouci. Er zeigte ein coloriertes Bild von der Kolonnade im Rehgarten, die wegen Baufälligkeit abgerissen werden musste. Die Marmorsäulen fanden aber noch beim Bau der Seitenflügel des Marmorpalais im Neuen Garten Verwendung. Heute ahnt man nur, wo diese Kolonnaden mit ihren goldenen Verzierungen 30 Jahre lang standen.
Die Gestaltung der schattig-versteckten Gartenreiche mit Skulpturen, Brunnen, Laubengängen und Rondellen lagen dem König als Wandelplatz in den heißen Sommermonaten sehr am Herzen. Nicht eingeengt in überhitzten Räumen war der menschliche Umgang dort viel freier. Und man konnte die vornehme Blässe bewahren.
Der abendliche Spaziergang zur „Entdeckung der Langsamkeit“ am 15. Juli lässt die in Stein gehauene griechische Mythologie lebendig werden. Und in einer Puppentheater-Inszenierung erhält sie zudem eine Stimme. Zum Abschluss des Wandelns durch die Sagenwelt gelangt „Orpheus und Eurydike“ als Komödie mit Gesang zur Handharfe zur Aufführung: burlesk gereimt nach antiken Versen. Aufgeführt am Rand der inzwischen froschfreien Froschfontäne.
10. Juli „Erlebnis-Park Sanssouci: Gartensalon“, 13 bis 17 Uhr, Eintritt 5 Euro, unter 16 Jahren Eintritt frei; „Entdeckung der Langsamkeit“ in den Heckenquartieren am 15. Juli ab 19 Uhr, Treff Große Fontäne unterhalb des Schlosses Sanssouci. Der Eintritt kostet 15, ermäßigt 12 Euro. Weiteres unter: www.spsg.de/preussisch-gruen
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: