zum Hauptinhalt
Ist jetzt „Beste Band“. Tim Schultheiß, Musiker und Radiomoderator.

© A. Klaer

Kultur: Idealist und Träumer

Der Potsdamer Gitarrist und Radiomoderator Tim Schultheiß gewann den Landes-Rockwettbewerb

Stand:

Tim Schultheiß ist womöglich der einzige hippe Vierundzwanzigjährige, der noch eine einfache Tasse Kaffee bestellt. „Der ist gut“, sagt er, an einem Tisch im Babelsberger Lindencafé mit Blick auf die Straße. Zwei Ecken weiter ist Tim Schultheiß zu Hause. Drei Tage vor Weihnachten trat der Musiker beim Landesfinale Brandenburg des „Local Heroes Bandcontests“ auf. Der erste Platz bei dem Rockwettbewerb des Landes-Rockmusikerverbands samt Preisgeld ging an den Potsdamer, der sich damit für das Bundesfinale qualifiziert hat. Das findet im November in Salzgitter statt.

„Ich bin jetzt beste Rockband“, sagt Schultheiß, rührt im Kaffee und grinst entspannt. Seit zehn Jahren macht er Musik, zuerst als Gitarrenschüler an der örtlichen Musikschule, spielte in einigen Bands in Ludwigsfelde, wo er zur Schule ging, dann in Potsdam. Und war ein Jahr Sänger und Gitarrist der Berliner Rockband Empty Trash. Eine Single der Band, „Garden of Growing Hearts“ wurde Soundtrack des Films „Die Welle“, 2009 zerfiel die Truppe, Tim Schultheiß tauschte E- gegen Akustikgitarre. Und fühlt sich seitdem auch allein sehr wohl.

„Damals hab ich angefangen, Songs zu schreiben, Texte über mich, was ich erlebe, beobachte und empfinde“, sagt er. Er schreibt in Englisch. Dass viele in diesem Genre die deutsche Sprache bevorzugen, ist ihm egal. „The Vacuum“ heißt das Album, das er im vergangenen Jahr produzierte. „People say“ ist sein Lieblingssong: „Über Leute, die einem immer Ratschläge geben und schlaue Sprüche parat haben – aber eben nur für andere“, sagt Schultheiß.

Beim Wettbewerb hatte er 20 Minuten Zeit, die Jury und das Publikum mitzureißen und zu überzeugen. Von etwa 40 Bewerbern waren sieben Teilnehmer für das Finale im Brandenburgischen Prenzlau übrig geblieben. Die meisten traten als Bandformation auf. Schultheiß, der sich trotzig The Tim Schultheiss Orchestra nannte, stand als Alleinunterhalter auf der Bühne.

„Man ist ja immer vor einem Live-Auftritt nervös, hofft, dass die Technik funktioniert, das Intro stimmt“, sagt Schultheiß. Allein zu spielen sei noch einen Tick schwieriger. „Ein falscher Akkord, und alle hören und sehen das.“ Trotzdem wurde er, mit eindeutigem Votum von Jury und Publikum, Erster. In der Jury saßen Mitglieder vom Landes-Rockmusikverband und gestandene Rockmusiker: Jäcki Reznicek, Bassist, und Uwe Hassbecker, Gitarrist der Rockband Silly. Anschließend gab es Tipps von den Profis. „Uwe Hassbecker schlug vor, es mal mit Halbplayback zu versuchen, also eine Band vom Band – und ich dazu“, sagt Tim Schultheiß.

Vielleicht wird er das probieren, denn Zeit, um die richtigen Leute für eine Band zu suchen und für regelmäßige Proben, hat er derzeit wenig neben seinem Job als Radiomoderator beim RBB. Nach dem Abitur hatte er sich für ein Praktikum beim Radiosender Star FM beworben – und blieb in der Medienbranche. Jetzt moderiert er bei Radio Fritz die Radio Fritzen am Morgen und am Nachmittag und den Soundgarden. „Ich mach die Recherche zur Sendung, suche aktuelle Themen raus, behalte den Überblick“, sagt er. Was das Reden am Mikrofon betrifft, da profitiere er von seiner Erfahrung als Musiker – und umgekehrt. „Wenn du auf der Bühne einen Texthänger hast – einfach überspielen, das kann auch sympathisch wirken“, sagt er.

Während er eher klassische Rockmusik mag, sich an Queen, AC/DC und den Foo Fighters orientiert, sei beim Radio jetzt Elektro oder Folk gefragt. „Wir segeln auf einer Folk-Welle“, sagt er. Und oft sind es auch Solokünstler, die am heimischen Rechner die Songs zusammenbasteln. Das hänge womöglich mit den Bedingungen für Musiker zusammen. „Es gibt kaum Proberäume in Potsdam, und die, die es gibt, sind oft schlecht ausgestattet, Kellerräume ohne Tageslicht, man muss sich um Strom und Wasser kümmern“, sagt Schultheiß. „Es ist kein dankbares Gewerbe, wir sollen immer alles mit Herzblut machen – aber für einen Zwei-Stunden-Auftritt ist man acht Stunden unterwegs, jeder Musiker müsste dafür 200 Euro kriegen, plus Fahrgeld“, rechnet er schnell vor. Stattdessen sammle man sich die Gage meist selbst an der Tür ein.

Davon will er sich aber nicht entmutigen lassen. Man sei als Musiker eben immer Träumer und Idealist. „Ich will, dass meine eigene Musik mit den Leuten was macht.“ Als eine Bekannte ihm sagte, sie höre sein neues Album zum Entspannen in der Badewanne – das habe ihn sehr gefreut.Steffi Pyanoe

www.timschultheiss.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })