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Kultur: Im Rausch des Sommerabends

Die URANIA öffnet in ihrer Reihe „Im Garten vorgelesen“ wieder die Tür in fremdes Grün

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„Mit Blumen läßt sich die schwerste Wunde zudecken“, schrieb Hermann Sudermann, einst Deutschlands meistgespielter Bühnenautor. In seinem von Mythen, Märchen und Efeu durchwobenen Park in Blankensee konnte er sich von den Wonnen und auch von der Schmach des Theaterlebens erholen. Als sein Erzrivale Gerhart Hauptmann den Nobelpreis zugesprochen bekam, musste sicherlich ein ganzes Blumenmeer herhalten, um seine Wunden zu heilen.

In dem zuvor von Lenné künstlerisch gestalteten, abgelegenen Anwesen stimmte der geliebt-gelittene Dichter ein Hohelied auf das sonnige Italien an. Antike Skulpturen, Säulen und Urnen fanden unter ausladenden Bäumen und geducktem Strauchwerk ein wohliges Plätzchen. Immer neue, tonnenschwere Lieferungen ließ der manische Sammler aus dem Süden heran fahren. Mit reichem Figurenschmuck versah Sudermann auch eine kleine Bühne in seinem „Italienischen Garten“: gedacht für szenische Aufführungen und Lesungen. Er selbst konnte dieses Refugium kaum mehr nutzen, denn kurz nach der Fertigstellung der marmornen Pracht verstarb der neoromantische Literat.

Gut achtzig Jahre später erinnert nun die URANIA an den fast vergessenen Schöngeist und sein Klein-Italien. Zur Eröffnung der Reihe „Im Garten vorgelesen“ geht es am 21. Mai per Bus mit der stets treuen Pilgergemeinde hinaus nach Blankensee, um „Ein Garten mit Zauberkraft“ erblühen zu lassen. „Es ist bereits die 50. Lesung unserer Reihe“, sagt Organisatorin Renate Bormann. Und zu diesem kleinen Jubiläum gibt es auch eine Premiere: Das erste Mal werden die Gaben der Natur und Literatur tänzerisch umgarnt. Entsprechend des Gartencharakters geht es zurück in die Barock- und Renaissancezeit, die von Inka Unverzagt choreografiert wird. Allerdings werden von Klaus Büstrin nicht Texte von Sudermann gelesen, sondern von Franz von Gaudy. „Sudermanns Texte sind so traurig, dass man sie nur im stillen Kämmerlein lesen kann“, so Renate Bormann.

Wieder hat sie es geschafft – gemeinsam mit „Co-Regisseur“ Klaus Büstrin – neue Gärten für die Reihe aufzutun. Einen wunderbaren Blick über die Seenlandschaft verspricht der Garten von Bärbel Knoll und Herbert Schnoor in Werder. „Eine weitläufige Anlage, in der sich auch Kinder frei bewegen können.“ So wird das Programm entsprechend auf Familien zugeschnitten sein, wenn Christa Kozik aus „Moritz in der Litfaßsäule“ liest. Für eine Überraschung dürfte auch der Garten von Sabine und Rüdiger Gohr in der Potsdamer Hegelallee sorgen. „Von der Straße aus ahnt man nicht, welch’ grüne Oase sich dort hinterm Haus auftut.“ Renate Bormann freut sich, auch wieder eine Potsdamer Autorin live dabei zu haben: Diesmal Sigrid Grabner mit ihrer Autobiografie.

Für eine weitere neue Farbe in der URANIA-Garten-Klangwelt sorgt der Hausgarten einer Mietergemeinschaft im Park Marquardt. Er wird von einer Platane dominiert, die kaum Konkurrenz neben sich gestattet. Auf knackig rote Äpfel freut sich Renate Bormann, wenn sie an die letzte Lesung der Reihe denkt und sich der Jahreskreis der Natur langsam wieder schließt: Das Eiland des Gartenhistorikers Clemens Alexander Wimmer zeigt verschiedene Facetten. Er begrüßt romantisch-verspielt und frohlockt schließlich im Nutzgarten mit reichen Früchten im Obstgehölz.

Sicher wird es bei den acht bislang geplanten Lesungen nicht bleiben. Die Resonanz auf die frei finanzierte Reihe ist bereits jetzt so groß, dass Wiederholungen abzusehen sind. „Schwatzende, lachende, singende Gäste scheinen dem Wein zugleich den Rausch des Sommerabends in sich hineinzutrinken“, schrieb Hermann Sudermann – so als wäre er bei den URANIA-Lesungen dabei gewesen.

Karten bei der URANIA, Tel. 0331-291741.

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