Friedliche Ruhe. Nur die Schafe blöken. Der Hirte zieht mit seiner Herde gemächlich über die Alm, macht ein Feuerchen zur Rast. So schön kann Leben sein.Jedenfalls auf dem ersten Blick. Der Schweizer Dokumentarist Erich Langjahr, von dem das Filmmuseum derzeit eine Filmreihe präsentiert und der morgen bei einem Gespräch zu Gast ist, dringt tiefer ein in diese so meditativ-romantisch wirkende Welt.
Seine zweistündige Dokumentation „Hirtenreise ins Dritte Jahrtausend“ folgt dem ruhigen, steten Fluss der gemeinsamen Wanderschaft von Tier und Mensch zwischen den malerischen Bergmassiven. Doch er zeigt auch die Härte und Entbehrungen hinter der scheinbaren Idylle.
Die Hirten, die der Filmer über Jahre als unsichtbarer Dritter begleitet, leben mit dem Pulsschlag der Tiere. Morgens bei Sonnenaufgang machen sie sich an das Tagwerk, ziehen hoch hinauf zu den saftigen Wiesen – egal ob es regnet oder schneit. An offenem Feuer wärmt der Schäfer seine Mahlzeit, schläft in einfachster Behausung – mitten drin in der Herde. Ab und an schnalzt er mit der Zunge, gibt glucksende Kommandos an die wollige, hell-dunkel gesprenkelte Herde, die sich durch lange Kameraeinstellungen in faszinierende Gesichter auflöst. Es ist ein einfaches Leben, das sich täglich wiederholt. Und doch gibt es auch wunderbare Unterbrechungen: Wenn der Geißbock beim Balzen stundenlang schön tut, wenn ein Schaf- oder Ziegenbaby geboren wird.
Die Kinder des Hirtenpaares teilen das karge Leben der Eltern mit größtem Selbstverständnis, sind beim Holzhacken, Melken, Käsen dabei. Während die Frau ihr Jüngstes stillt, säugt das Lamm an den Zitzen seiner Mutter. Das Einssein mit der Natur ist an diesem Alpenrand noch Wirklichkeit. Der Zuschauer der nur mit wenigen Kommentaren durchsetzten „Reise“ zu den Ursprüngen der Natur muss sich auf eine gewisse Lethargie einlassen können. Langjahr ist sparsam mit seinen künstlichen Zutaten. Nur ab und an mischt sich verhaltene Musik unter das Blöken und Glockengeläut der Herde.
Nach „Sennenballade“ und „Bauernkrieg“ ist die preisgekrönte „Hirtenreise“ der Abschluss seiner Trilogie: Sie beschwört die Magie einer weitgehend verloren gegangenen Harmonie des Menschen mit der Natur. Heidi Jäger
Morgen, 19. 30 Uhr, „Bauernkrieg“, anschließend Gespräch mit Erich Langjahr und Silvia Haselbeck (Kamera). „Hirtenreise läuft vom 20.-23. März.
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