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Kultur: „In den USA ist Nina schon ein Gesicht“

Im August wird „Barbara“ als deutscher Film für das Oscar-Rennen vorgeschlagen. Hier spricht Regisseur Christian Petzold über seine Hauptdarstellerin Nina Hoss

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Christian Petzold, 52, studierte an der Film- und Fernsehakademie Berlin. Für „Barbara“ gab es 2012 den Silbernen Bären und Deutschen Filmpreis in Silber

Als ich mit unserem Film im August beim Telluride-Filmfestival in Colorado war und dort bekannt gegeben wurde, dass „Barbara“ als deutscher Beitrag für die Nominierung zum Auslands-Oscar vorgeschlagen wird, klatschten gleich alle. Amerikaner lieben solche Momente, und ich fand das schon toll. Davon abgesehen habe ich mich mit dem Oscar noch gar nicht richtig befasst, der ist für mich weiter weg als Atlantis.

Man merkt, dass Nina Hoss in den USA schon ein Gesicht ist und dass man bei den internationalen Festivals, wir waren ja auch in New York, über sie spricht. Sie steht da in einer Tradition mit anderen Schauspielern aus Europa. Ob das nun Marlene Dietrich ist oder Isabelle Huppert in den 70ern in Michael Ciminos „Heavens Gate“. Oder Isabelle Adjani, die hat mal in Walter Hills „Driver“ gespielt, da läuft sie mit bleichem Gesicht durch die USA und durch ein typisch amerikanisches Genre, den Banküberfall mit Verfolgungsjagd, wie aus einem anderen Kino, einer anderen Welt kommend.

Die Nina hat auch so etwas. Die geht durch die Filme wie durch ein Exil. So wurde das in den amerikanischen Reaktionen auch beschrieben, das hat mir gefallen. Wie jemand, der eine Heimat sucht, aber auch angewidert ist von allen Heimattümeleien.

Nina ist manchmal gespenstisch, manchmal ist sie melodramatisch, manchmal auch lustig. Ich habe sie vor elf Jahren kennengelernt, das war für „Toter Mann“, der Fernsehfilm nach „Die innere Sicherheit“. Fünf Filme haben wir bisher zusammen gemacht. Mein Traum war immer, ein Ensemble zu haben, wie das auch manchmal bei Off-Theatergruppen ist, die über einen längeren Zeitraum kontinuierliche Arbeit machen. Aber nicht, weil ich mich auf deren Arbeit verlasse. Das ist es ja, was mich am deutschen Kino so nervt: Schauspieler, wenn sie in einem Charakterfach reüssiert haben, immer in der gleichen Rolle abzubuchen.

Einer meiner Lieblingsschauspieler ist James Stewart. Der ist das Gegenteil von „Method Acting“, er ist aber auch das Gegenteil von jemandem, der sich immer nur so runterspielt. James Stewart hat Kopfgeldjäger gegeben, Perverse, wunderbare Familienväter, tragische, melancholische Gestalten. Er ist immer ein bisschen er selber, aber auch durchlässig für das, was er spielt.

So geht es mir auch mit der Nina. Sie ist immer sie selbst, und gleichzeitig arbeitet in ihr das Fremde, die neue Rolle, die neue Figur, die neue Welt. Was sie früher gemacht hat, ihren Hintergrund, da weiß ich gar nichts drüber, obwohl wir ja eng befreundet sind. Sie hat ihr privates Leben, aber ich kann mir das manchmal gar nicht vorstellen, wenn wir anfangen zu arbeiten. Dann habe ich das Gefühl, ich weiß weder, wo sie herkommt, noch wo sie hingeht. Als ob da so ein bisschen eine Einsamkeit um sie herum ist. So sehr legt sie bei der Arbeit ihr Soziales und ihr Privates ab. Was nun die Chancen angeht, natürlich habe ich mich im Februar über den Silbernen Bären für „Barbara“ gefreut. Und ich war – nein, nicht enttäuscht, ich war wütend über die Entscheidung beim Deutschem Filmpreis Ende April. Wie kann man „Barbara“ zwar in acht Kategorien nominieren, aber ausgerechnet in der Kategorie „Beste Schauspielerin“ nicht? Eine Figur, die der Mittelpunkt des Films ist, gespielt von Nina Hoss, da war ich schon sauer.

Ehrlich gesagt habe ich mir noch nie eine Oscar-Verleihung im Fernsehen angeschaut. Als Kind, wenn Muhammad Ali boxte oder als die ersten Astronauten auf dem Mond gelandet sind, dafür bin ich aufgestanden. Aber wegen der Oscars?Protokoll: Andreas Austilat

Protokoll: Andreas Austilat

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