
© Hillert Ibbeken aus „Preußische Gärten“
Kultur: „Infektion“ Parklandschaft
Eine bedeutende Kulturlandschaft wird in dem Buch „Preußische Gärten“ sichtbar
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Programmatisch ist die Inschrift auf einer Steintafel: „Wähle Wanderer Deinen Weg mit Vernunft“. Diese unablässige Aufforderung, die man im Wörlitzer Park findet, ist wohl immer und überall aktuell. Natürlich auch bei Spaziergängen durch preußische Gärten. In der Gesamtheit bilden sie eine authentische Kulturlandschaft, obwohl so manche Anlage durch zwei Weltkriege und jahrzehntelange sozialistische Mangelwirtschaft nur eingeschränkt zu erleben war. Nach 1989 wurde es wieder möglich, den Gärten der Hohenzollern im Land Brandenburg und in Berlin ihren einstigen Glanz weitgehend zurückzugeben.
Der Historiker und Reiseschriftsteller Ferdinand Gregorovius schrieb: „Der Eindruck eines großen Landschaftsgemäldes erhöht sich für den Denkenden, wenn er es mit Geschichte zu verbinden weiß.“ In Abwandlung dieses Zitats trifft dies auch für die preußischen Gartenanlagen zu. Eine Annäherung an sie findet man bekanntlich am besten bei Spaziergängen. Manchmal auch durch ein Buch. Der Berliner Geologe Hillert Ibbeken, der sich sein Leben lang mit Architektur- und Landschaftsfotografie beschäftigt, sowie die Kunsthistorikerin und Museologin Katja Schoene haben mit Unterstützung der Preußischen Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gemeinsam das opulente, doch nicht fantasievoll betitelte Buch „Preußische Gärten“ (Edition Axel Menges) herausgegeben. Dem Interessenten wird damit eine Zeitreise durch die Geschichte von 300 Jahren Gartenkunst und der Hohenzollern auf 300 Seiten geschenkt.
Hillert Ibbeken hat die 14 Parkanlagen, die unter der Ägide der Hohenzollern-Herrscher in Preußen entstanden sind, besucht. Im Gepäck führte er eine Kamera mit. Er ging mit ihr weniger von Strauch zu Strauch, sondern lässt uns an dem großen Ganzen teilnehmen. Dem Betrachter werden die Augen für die subtilen und mutwilligen Fantasien der Landschaftsgestalter geöffnet. Eine große Kulturlandschaft wird sichtbar, mit ihren Schloss- und Parkbauten, mit der Vielfalt an malerischen Formen, mit den Sichtachsen, die den Blick in die Ferne schweifen lassen. Zwar kann man mit den Fotografien Hillert Ibbekens genießen und träumen, doch entbehren sie glücklicherweise einer schwelgerischen Vordergründigkeit, weil der Gegenstand des Erfassten selbst keiner Überhöhung bedarf. Katja Schoene beschreibt in ihrem Text, der auch in die englische Sprache übersetzt wurde, kundig die Geschichte vom Entstehen preußischer Gartenkunst und deren Verwandlungen.
„Das gantze Eyland muss ein Paradies werden“ riet 1664 Johann Moritz von Nassau-Siegen seinem Freund, dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Er meinte damit Potsdam. Dem Kurfürsten schien das kleine Potsdam wie geschaffen für seine Pläne – mitten in einer lieblichen Seenlandschaft, eine zweite Residenzstadt zu errichten. So entstand Potsdam, ähnlich wie Versailles und St. Petersburg, vor allem aus einer Idee heraus. Jahrhundertelang arbeiteten die Hohenzollern an ihrem irdischen Paradies. Jeder Herrscher setzte einen anderen Farbtupfer, vor allem auch Friedrich der Große, Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm IV. Der meinte 1840 gegenüber dem Parkgestalter Peter Joseph Lenné: „Aber aus der Umgebung von Berlin und Potsdam könnte ich nach und nach einen Garten machen.“ Seinem Wunsch, der einer „Infektion“ glich, wurde natürlich vielfach entsprochen.
Nicht nur die berühmten Residenzen mit ihren Parkanlagen von Charlottenburg, Sanssouci und Rheinsberg, dem Neuen Garten oder Glienicke, auch fernab der viel befahrenen Verkehrsströme führte der Weg von Hillert Ibbeken und Katja Schoene, zur Pfaueninsel, nach Königs Wusterhausen, Oranienburg, Caputh, Schönhausen oder nach Paretz. Klaus Büstrin
Hillert Ibbeken, Katja Schoene, Preußische Gärten, Edition Axel Menges Stuttgart/London, 49,90 Euro.
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