Kultur: Italienisches Sommerende
Das Neue Kammerorchester entdeckt in der Saison 2014/15 die Flöte und spielt Kurt Weill
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Es geht nach Italien – zumindest musikalisch. Das passe gut zu Potsdam mit seiner historischen Bausubstanz, die vielerorts an Italien erinnert, sagt Ud Joffe, Dirigent und künstlerischer Leiter des Neuen Kammerorchesters Potsdam (NKOP). Wie bereits im vergangenen Jahr findet das erste Konzert der neuen Saison, „Klänge aus Arkadien“, in der Schinkelhalle in der Schiffbauergasse statt. Auch das passt: Zwischen den Musikstücken wird der Schauspieler Hans-Jochen Röhrig „Italienische Reflexionen“ von Goethe und Schinkel vorlesen. „Schinkel hat beispielweise eine Stadt in Italien beschrieben, aber wenn man den Text hört, meint man, es geht um Potsdam“, sagt Ud Joffe begeistert. Auch die arkadischen Klänge sind Reminiszenzen an Italien – von Hugo Wolf die „Italienische Serenade“, von Peter Tschaikowski „Souvenir de Florence“ sowie Antonín Dvoráks Serenade für Streichorchester.
In der Saison 2014/2015 ist das NKPO in einer großen thematischen Bandbreite zu erleben. Im November geht es in die 1930er-Jahre. „Klänge des Umbruchs“ heißt der Abend mit Musik von Kurt Weill: Ausschnitte aus der „Zaubernacht“, 1922 als Kinderpantomime geschrieben, ein fantasievolles, abwechslungsreiches Stück. „Die Sieben Todsünden“ mit Texten von Bertolt Brecht ist das letzte Stück aus der Zusammenarbeit von Brecht und Weill, 1933 im französischen Exil entstanden. Solistin ist die Berliner Weill-Interpretin Michaela Lucas.
Im März greift das Orchester noch einmal das Klavier auf, das Instrument, das im vergangenen Jahr im Fokus stand. Für Johannes Brahms’ Klavierkonzert Nr. 1 d-moll und Felix Mendelssohn Bartholdys Sinfonie Nr. 3 a-moll, die sogenannte „Schottische“, wurde der Solist Avan Yu engagiert, ein junger Pianist aus Kanada, der jetzt in Berlin lebt.
Mit einem Konzert „Flötenklänge“ geht es im Juni weiter. „Die Flöte war bisher bei uns etwas unterbelichtet, deshalb haben wir uns für dieses Instrument entschieden“, sagt Ud Joffe. Drei professionelle Solisten spielen das Konzert für Flöte und Orchester von Jacques Ibert, Cécile Chaminades Concertino für Flöte und Orchester sowie die „Carmen-Fantasie“ von François Borne – Beispiele für die wunderbare, virtuose Flöten-Literatur französischer Komponisten, so Joffe. „Ich hoffe, das Publikum beißt auch diesmal an, so wie im vergangenen Jahr bei den Klavierkonzerten.“
Das Neue Kammerorchester ist weiterhin bei Chorkonzerten zu erleben: Mendelssohns Oratorium „Paulus“ am 15. November ist eine Kooperation mit dem Chor der Singakademie Potsdam. Händels Messias singt der Neue Kammerchor am 30. November, am 6. Dezember wird dann traditionell Bachs Weihnachtsoratorium (I-III) mit der Potsdamer Kantorei aufgeführt.
Im 14. Jahr seit Gründung des Orchesters ist das Ensemble aus der Potsdamer Musiklandschaft nicht mehr wegzudenken. Gründer Ud Joffe wünscht sich deshalb mehr Unterstützung seitens der Stadt, vor allem finanzieller Art. Er sei nicht in der Lage, den Musikern angemessene Honorare zu zahlen. Es komme vor, dass Musiker schweren Herzens kurzfristig absagen, um anderswo Jobs anzunehmen, die besser bezahlt werden. „Das kann ich ihnen nicht übelnehmen“, so der Orchesterleiter. Namhafte Solisten seien oft nur bereit zu spielen, weil sie das Orchester schätzen gelernt haben. „Sie müssen bereit sein, für weniger als den üblichen Marktwert zu arbeiten“, so Joffe. Die Sinfoniekonzerte muss das Kammerorchester bisher über Projektmittel finanzieren, 5000 Euro pro Konzertprojekt. Meist komme jedoch erst im Frühjahr des laufenden Jahres der positive Förderbescheid. Eine verlässliche Planung, so Joffe, sei fast unmöglich. Auch die Chormusik an der Erlöserkirche unter seiner Leitung wird über Fördermittel finanziert, mit denen wiederum die Bezahlung der begleitenden Orchester gesichert werden muss. Insgesamt eine unbefriedigende Situation, so Christian Seidel, NKOP-Fördervereinsvorsitzender. Joffe und Seidel wünschen sich eine regelmäßige institutionelle Förderung, auch um den nicht unerheblichen Arbeitsaufwand zu verringern. „Ich bin 65 Jahre alt und weiß nicht mehr, wie lange ich noch ehrenamtlich so weitermachen kann“, sagte Seidel.
Eine Professionalisierung dieser Arbeit sei dringend nötig. Und sie sei angemessen, meint Ud Joffe. „Wir haben in den vergangenen Jahren mit viel Herzblut nachhaltig qualitative gute Arbeit geleistet, wir verdienen eine Anerkennung“, so Joffe. „So wie es jetzt ist, geht es nicht mehr lange weiter.“Steffi Pyanoe
„Klänge aus Arkadien“ am Donnerstag, dem 18. September, um 19,30 Uhr in der Schinkelhalle in der Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet 15 Euro, ermäßigt 10 Euro. Weitere Informationen zum Programm unter www.nkop.de
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