Kultur: Jazz, Tango und Charlie Chaplin
Der Nikolaisaal widmet sich in der neuen Saison dem Jazz und Lateinamerika, die Kammerakademie der menschlichen Stimme
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Der Nikolaisaal feiert bald Geburtstag. Im September dieses Jahres beginnt bereits die 16. Saison im größten Konzertsaal von Brandenburg. Damit ist das Haus erwachsener geworden, wie Andrea Palent, Geschäftsführerin seit der ersten Stunde, bei der Vorstellung der kommenden Konzertsaison am Donnerstag launig sagte. Genau 15 Jahre nach der Eröffnung am 27. August 2000 beginnt die Saison mit einem dreitägigen Festprogramm, in dem von französischer Musik, Jazz und Tango über Charlie Chaplins Filmgrotesken bis zum klassischen Konzert mit der Kammerakademie Potsdam wohl für jeden Geschmack etwas enthalten ist.
Dieser Anspruch prägt auch das gesamte Programm im Jubiläumsjahr. Gleich zwei neue Konzertreihen hat das Team um Andrea Palent und Chefdramaturgin Astrid Weidauer ausgerufen. Für „Jazz@Nikolaisaal“ kommen Till Brönner, Pe Werner, Wolfgang Dauner und Sohn, Lisa Simone und viele mehr in den großen Saal mit den charakteristisch hügeligen Wänden. Ein Lateinamerika-Festival bildet drei Abende hintereinander einen heißen Kontrapunkt zum Klima im düsterkalten November. Von argentinischem Tango über brasilianische Rhythmen bis hin zu karibischen Klängen wird die ganze Länge des Halbkontinents musikalisch durchmessen.
Ausgeweitet wird auch das weite Gebiet der Hörvermittlung, in dem es mit Ohrphon-Beiträgen, einer Art Konzert mit Dolmetscher im Ohrstecker, über Musik für Taube, den Hörclub Klassik mit Partiturstudium und Workshops für junge Menschen vielfältige Angebote gibt. Sogar ein ganzes Wochenende wird der wissenschaftlichen Erkundung der Zukunft des Musikhörens gewidmet. Erhalten blieben alle bewährten und beliebten Konzertreihen, bei denen wie stets renommierte Künstler auftreten und interessante Projekte präsentiert werden. So liest in der Reihe „Stars International“ die Schauspielerin Martina Gedeck aus der stimmungsvollen Novelle „Babettes Fest“, während das Brandenburgische Staatsorchester dazu nordische und französische Klänge serviert.
In die faszinierend-bizarre Welt des Kastraten-Gesangs geht es bei einem Solo-Recital des Countertenors Franco Fagioli. Eine rekonstruierte Fassung von Johann Sebastian Bachs Markus-Passion präsentieren die schwedischen Barocksolisten und das junge Schwedische Kammerorchester kontrastiert die brandenburgischen Konzerte mit modernen Versionen von Steven Mackay und Uri Caine.
Kontinuität und Innovation versprechen auch die Konzerte der Kammerakademie Potsdam in der neuen Saison, die erstmalig unter einem übergreifenden Motto stehen. Dabei gilt es den Verbindungen von Musik und Natur nachzuspüren, wie der neue Intendant Alexander Hollensteiner erläuterte. Von Landschaftsschilderungen über die Tierwelt bis hin zu den Tages- und Jahreszeiten können die Zuhörer abwechslungsreiche Expeditionen in den Kosmos von Kunst und Umwelt unternehmen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der menschlichen Stimme und der Volksmusik als den ursprünglichsten und, wenn man so will, natürlichsten Gattungen der Musik. Mit Kristian Bezuidenhout besitzt die Kammerakademie zum ersten Mal einen Artist in Residence. Bei drei verschiedenen Konzerten wird der renommierte Virtuose auf Cembalo und Hammerflügel seine ganz besondere Tastenkunst zum Blühen bringen. Nicht nur bekannte Solisten wie Sergio Azzolini und Albrecht Mayer treten erneut mit der Kammerakademie auf, sondern auch Künstler wie Katja Riemann als Sprecherin, Andreas Ottensamer, Solo-Klarinettist der Berliner Philharmoniker, und die bezaubernde Sopranistin Robin Johannsen. Gleich im September stellt sich die neue Konzertmeisterin Meesun Hong Coleman mit einem Violin-Recital im Foyer des Nikolaisaals vor.
Fortgesetzt werden auch die beliebten Sonntagskonzerte in der Friedenskirche, die auch die natürliche Szenerie bei der Winteroper bildet. Mit Alessandro Scarlattis Oratorium „Cain und Abel“ („Il primo omicidio overo Cain“) bringt die Kammerakademie ein selten gespieltes, reizvolles Werk aus der Frühzeit des Operngesangs heraus. Seit Langem schon erarbeiten und gestalten die Musiker persönlich Konzerte und Workshops für die kleinen großen Zuhörer von morgen. Ein spezielles Heft „Juniohr“ erteilt über alle Angebote für Kinder und Jugendliche von Nikolaisaal und Kammerakademie Auskunft. Bei solch einem abwechslungsreichen Programm für Groß und Klein bleibt dem geneigten Zuhörer am Ende nur eines: Er muss ganz für sich eine Entscheidung treffen. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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