Kultur: Kämpfen wie eine Löwin
Jacqueline Macaulay spielt in dem Ehedrama „Sicherheitsabstand“: Heute ist Premiere
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Der kleine Callum kuschelt sich genüsslich an die Brust seiner Mutter. Jacqueline Macaulay strahlt. Sie genießt diese Stillzeit zwischen der Probe. Während sie privat am Anfang ihres Glücks steht, zerbricht auf der Bühne gerade ihre Familienharmonie. Jacqueline Macaulay spielt in der Inszenierung „Der Sicherheitsabstand“ von Frédéric Blanchette die „Frau“, die sich nach vollzogener Trennung vor den Trümmern ihrer einstmals großen Liebe sieht. Als es um das Sorgerecht des Kindes geht, eskaliert die Situation. „Dadurch, dass ich jetzt selbst Mutter bin, kann ich mich sehr gut in die Frau hineinversetzen. Wenn es um das eigene Kind geht, wird man zur Löwin. Es ist Wahnsinn, was so ein kleines Wesen mit einem macht.“
Diese Inszenierung sei für sie nach der Babypause der ideale Einstieg gewesen. „Ich habe meine Arbeit an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie das Einhalten der Stillpause und nur eine Probe am Tag.“ Ihr Mann, der Schauspieler Hans Werner Meyer, hat sich für zwei Monate drehfrei genommen, um den Sohn pünktlich der Mutter zum Trinken zu bringen. „Da alles ringsherum stimmt, ist es hier in Potsdam eine super schöne Zeit für mich: eine super Rolle, ein super Partner und eine super Regisseurin“, schwärmt sie.
Bevor es in die Proben ging, hat sie schon im Voraus den ganzen Text auswendig gelernt. „Auch Tobias Rott als mein Partner war gut präpariert und so schmissen wir uns gleich richtig hinein, konnten mit den Klipp-Klapp-Sätzen bestens jonglieren. Nach zehn Tagen hatten wir bereits den ersten Durchlauf. Petra Luisa Meyer ließ uns große Freiheit, gab aber auch wichtige Weichenstellungen. Ich arbeite gern mit Frauen zusammen, und gerade bei so einem Beziehungsdrama ist es noch einmal anders, wenn es eine Frau inszeniert.“ Das Stück erzähle, was man von Trennungsgeschichten kennt. „Aber da es auch um ein Kind geht, ist alles noch einmal viel schwieriger. Man kann es nicht dramatisch genug spielen. Man weiß ja, dass Ehedramen bis zu Mord und Totschlag führen können.“Jacqueline Macaulay stand bereits in vielen großen Rollen auf der Bühne, war die Julia und Minna, die Ophelia in „Hamlet“ oder die Isabella in „Maß für Maß“. 1995 wurde sie im Rahmen der „Theater heute“-Kritikerumfrage zur „Nachwuchsschauspielerin des Jahres“ gewählt. „Das Theaterblut muss mir mein Ururgroßvater vererbt haben, der in London das Musical erblühen ließ. Von meinen Eltern habe ich in dieser Richtung wenig mit bekommen, wir waren nie im Theater oder im Kino. Aber Literatur begeisterte mich, vor allem die der deutschen. Kleist und Goethe standen ganz oben an.“ Damals wusste sie noch nicht, dass diese Dichter irgendwann ihr Leben mit bestimmen würden. Jacqueline Macaulay wurde in Großbritannien geboren, als Tochter eines Schotten und einer Ungarin. „Da mein Vater bei der Royal Airforce arbeitete, sind wir des öfteren umgezogen.“ Mit sechs Jahren wurde Holland zu ihrer Heimat. Und mit 18 ging es nach Deutschland. Ihre Eltern und Schwester sind nach einem Jahr sofort wieder zurück, wurden mit Deutschland nicht warm. „Ich blieb und ging auf die Schauspielschule nach Stuttgart. Anfangs hatte ich großes Heimweh, kam mit der Mentalität der Leute – mit diesem ,Schaffe, schaffe Häusle baue“ – überhaupt nicht klar. Ich vermisste Holland, wo alles so leicht und offen war. Aber die Schule war sehr gut.“ Sie erweiterte ihren Wortschatz, feilte am Akzent. Die Praxis war ihr bester Lehrer. „Die Klassiker und vor allem Shakespeare schulen die Sprache ungemein.“ Und sie spielte in ihren ersten Berufsjahren, die sie nach Luzern und Bonn führten, sehr oft Klassiker. In Bonn lernte sie bei „Minna von Barnhelm“ Uwe Eric Laufenberg kennen, den sie bei „Hamlet“ in Zürich wiedertraf. Auch am Deutschen Theater und am Maxim-Gorki-Theater Berlin arbeiteten sie zusammen. „Acht Jahre war ich am Gorki-Theater, spielte in Katharina Thalbachs Inszenierung ,Romeo und Julia“ die erfahrene Amme und nebenher die 18-jährige Regine in ,Gespenster“. Mit Maske sind eben alle zeitlichen Sprünge möglich.“ 15 Jahre war sie fest am Theater engagiert. Dann wollte sie sich woanders umgucken und begann zu filmen. Sie spielte in „Die Albertis“ und „König vom Block“, und vermisste doch bald wieder das Theater. „Bühne muss einfach sein.“
Und wenn es sich mit Kind so gut arrangieren lässt wie jetzt am Hans Otto Theater , kommt es beiden zu Gute. „Ich fühle mich mit Kind einfach reifer.“ Das dürfte gerade einer Rolle wie in „Sicherheitsabstand“ zuträglich sein.
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