Kultur: Keine Geschichtenerzähler
Begegnung mit Barcelona: Christoph Mertens und Daniel Morata stellen ab heute in Töplitz aus
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Begegnung mit Barcelona: Christoph Mertens und Daniel Morata stellen ab heute in Töplitz aus Der kunstbeflissene Verein Havel Land Art in Töplitz setzt auf Extreme: Waren in der zurückliegenden Tromp d’oil-Ausstellung noch Bilder zu sehen, die die Natur haargenau auf die Leinwand holten, gibt es nun die völlige Abkehr von der Landschaft. Das junge Künstlergespann Christoph Mertens und Daniel Morata bevorzugt das Nicht-Abbild, das Informelle. Dieser verbindende konzeptionelle Gedanke war auch der Grund, dass sich die Freunde auf diesen ersten gemeinsamen Ausstellungsversuch einließen – und mit dem Resultat durchaus zufrieden sind. Kennengelernt haben sie sich vor zwei Jahren, als Christoph Mertens, ehemals Meisterschüler bei Prof. Berndt Wilde an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, als Stipendiat in Barcelona war, wo es ihn immer wieder hinzieht. Schnell fand der Berliner in dem Katalanen einen Gleichgesinnten. Moratas Bilder sind eine farbenfreudige Attacke auf den Informationsüberfluss. „Das Bild hat an Bedeutung verloren, wir sind inzwischen fast unfähig, ein Bild wirklich wahrzunehmen.“ Um für dieses Problem zu sensibilisieren, bedient sich Morata des Computers. „Der künstlerische Gestus ist nicht mehr das Malen, sondern ein monotones, unendliches Klicken als Reflexion auf die digitale Welt.“ In seinem wandeinnehmenden Bild „Megapixel“ zerstückelte er die Information und gab ihr eine neue, austauschbare Position. Was in der Ausstellung eine flimmernde, plastische Wirkung hat, und an einen Teppich bunter Mosaiksteinchen erinnert, ist ein akribisches, fast mathematisches „Spiel“. Auch Christoph Mertens zerstückelt und baut neu zusammen. „Dabei habe ich anfangs richtig figürlich gearbeitet. Allmählich merkte ich aber, was mich an der Figur wirklich interessiert: die Statik und der Rhythmus. Plötzlich fand ich die Figur als Form nicht mehr interessant, nur noch das, was sie ausmacht.“ Wenn der Berliner eine neue Arbeit beginnt, hat er die genaue Regel im Kopf, nach der er das Material faltet, zerlegt und neu zusammenfügt. „Ich nehme Kreise, Ellipsen oder Kugeln, die in sich geschlossen waren und zerstöre sie. Anschließend verzahne ich sie wieder.“ Und gerade diese „Nahtstellen“ sind es, die den Körpern ein neues, spannungsreiches, aber auch verletzliches Gesicht geben. Es bilden sich Schatten und Parallelen, die einen neuartigen Ton anschlagen. Dabei ist Mertens keineswegs nur auf ein Material fixiert: Seine Sehnsucht nach Einheit treibt er in Bronze und Eisen, in Stahl und Stein. Als etwas problematisch für die Wirkung seiner Arbeiten findet er allerdings den eigenwilligen Charme der Töplitzer Galerie mit ihren unverputzten Wänden. „Hätte ich vorher den Raum gesehen, hätte ich ganz anders darauf reagiert.“ So aber ist er gerade aus Barcelona eingetroffen und hatte schon die fertige Ausstellung im Gepäck. „Die sichtliche Einfachheit meiner Arbeiten korrespondieren mit jeder Fuge, mit jeder Linie. Da fällt es dem Auge schwer, Ruhe zu finden. Für mich ist der Raum allein schon ein Kunstwerk.“ Christoph Mertens, Jahrgang 1966, kann bereits auf zahlreiche Ausstellungserfahrungen zurückblicken. „Allein in Berlin habe er an die 30 Mal seine Skulpturen gezeigt, aber auch anderswo in Deutschland sowie in Spanien und Italien. Darüberhinaus gibt es stadtweit „Dauerausstellungen“ von ihm – auch in Potsdam. „Alles, was aus Keramik ist und Schlange heißt, ist von mir.“ Seine Lieblingsschlange hat es sich zwischen den Plattenbauten am Stern gemütlich gemacht, und eine Riesenschlange von 120 Metern fand in Waldstadt II Spielgefährten. „Ich muss nebenbei arbeiten, sonst könnte ich es mir gar nicht leisten, Kunst zu machen.“ So ist er nicht nur im Landschaftsbau aktiv, sondern auch als Steinmetz. Daniel Morata geht es da nicht anders, zumal die Unterstützung der Subkultur in Barcelona sehr schlecht sei und es dort keine so wagemutigen Galeristen gäbe wie in Madrid oder auch in Berlin. Er verdient sein Geld mit dem Bau von Bühnenbildern, mit Grafikdesign und durch Ausstellungsaufbauten. Um so mehr würden sich die Zwei über eifrige Käufer ihrer Arbeiten in der Töplitzer Galerie freuen: „Zu haben sind die Werke für 400 bis 4000 Euro. Für 10 000 Euro kann man auch alles auf einmal mitnehmen“, meint Christoph Mertens schmunzelnd. Ihre Skulpturen und Bilder wollen keine Geschichten erzählen. Tun sie es doch, dann allein im Kopf des Betrachters. Christoph Mertens und Daniel Morata wollen aber einladen, Ruhe zu finden, sich auf eine „Begegnung“ mit ihrem ganz eigenen Barcelona einzulassen – „Encuentro“ Töplitz. Heidi Jäger Zur heutigen Vernissage gibt es um 16 Uhr ein Konzert in der Dorfkirche.
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