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Die Marionetten der Feuersbrunst-Aufführung aus dem Jahre 2006 im Schlosstheater im Neuen Palais.

© Musikfestspiele

Von Klaus Büstrin: Klassisches Zuckerl

Die Musikfestspiele Potsdam-Sanssouci präsentieren in diesem Jahr drei Haydn-Opern – eine davon auf CD

Stand:

Joseph Haydn, ein Opernkomponist? Da runzeln selbst Klassikkenner zuweilen verlegen die Stirn. Klar, die Vielzahl seiner Symphonien, die kammermusikalischen Werke sind einem geläufig. Doch Haydn hat immerhin mehr als zwanzig Opern geschrieben, die nach seinem Tod allerdings in Vergessenheit gerieten und erst in unserer Zeit wiederentdeckt werden. Dennoch gehören sie noch immer zu den Raritäten im großen Opernrepertoire. Manchmal ist es gut, dass ein Jubiläums- oder Gedenkjahr für einen Komponisten und Dichter ansteht, weil plötzlich Verlage, Theater und Konzerthäuser das Publikum auf Entdeckungsreise zu den unbekannten Werken der Weltliteratur mitnehmen.

Die Musikfestspiele Potsdam-Sanssouci werden zum 200. Todestag Joseph Haydns zwei Opern im Schlosstheater im Neuen Palais vorstellen: „Philemon und Baucis“ sowie „L’infedelta delusa“. Doch die Potsdamer Festspiele haben seit ihrem konzeptionellen Neuanfang im Jahre 1991 immer wieder das Musiktheaterwerk des Klassikers unter die Lupe genommen:. „Die Welt auf dem Monde“, „Der Apotheker“ und „Die Feuersbrunst oder das abgebrannte Haus“. Auch das Hans Otto Theater brachte Haydn-Opern zur Aufführung: 1961 „Die Welt auf dem Monde“ und Mitte der neunziger Jahre „La vera costanza“.

Das Singspiel „Die Feuersbrunst“ wurde vor drei Jahren auf der Rokokobühne des Neuen Palais gespielt. Das Kulturradio vom „rbb“ hatte die Aufführungen mit der Capella Augustina, einem Sänger- und Schauspielerensemble akustisch aufgezeichnet. Dieses klassische Zuckerl der damaligen Musikfestspiele ist nun beim Label „cpo“ auf zwei CDs zu hören.

Diese Oper ist ein Spiel mit Marionetten. Die Faszination für Marionetten war von jeher groß: Menschenähnlich und doch Kunstgeschöpfe, vermögen die Puppen dank ihrer Spieler eine Poesie zu entwickeln, die sie abrückt vom alltäglichen Leben und doch den Anschein erweckt, als wären sie lebendig, als agierten reale Wesen im Hier und Jetzt. Besonders zu Zeiten Haydns war das Marionettentheater sehr beliebt. 1779 war das Theater im fürstlichen Schloss Eszterhaza, ein Hauptwirkungsort Joseph Haydns, ein Opfer der Flammen geworden. Alle Kostüme aus dem Fundus, viele Musikinstrumente und selbst Notenmaterialien Haydns, damals in den Diensten von Nikolaus I., wurden vernichtet. Nur das Marionettentheater überstand das Feuer, wodurch sich erklärt, warum Haydn der Überlieferung nach in der Folge eine Reihe von wenigstens fünf Marionettenopern komponierte. So auch „Die Feuersbrunst“. Es ist die Geschichte vom liebenswerten Hanswurst, der um seine Freundin Colombina kämpft, die von dem Adligen Leander umworben wird. Haydn hat hier eine der letzten Hanswurst-Komödien vertont, in der alle Sympathien dem armen Burschen aus dem Volk gelten.

Eine reizvolle CD-Aufnahme ist entstanden, bei der auch die Live-Wiedergabe aus dem Schlosstheater dem Ganzen eine lebendige Atmosphäre verleiht. Der in Potsdam bestens bekannte Dirigent Andreas Spering und die Capella Augustina, das Orchester der Brühler Schlosskonzerte bei Köln, blasen mit frischen Tempi und einer geschärften Artikulation jeden Staub von Haydns putzmunterer Partitur. Dazu gibt es ein exzellent singendes Solistenensemble mit Isa Katharina Gericke, Otto Katzameier, Andreas Karasiak und Ferdinand von Bothmer. Sie wissen die lyrischen und die virtuosen Bravourstücke überzeugend darzubieten.

Die Balance zwischen den Solisten und den auf historischen Instrumenten spielenden Musikern könnte wohl nicht besser sein. Köstlich die meist im Wiener Dialekt parlierenden Schauspieler Nadja Winter und Michael Klemm aus Potsdam sowie Hans-Werner Bussinger und Klaus Heindl, die dem volkstümlichen Charakter der Figuren sehr nahe kommen. Eine vergnügliche Haydn-Oper auch für Zuhause.

Joseph Haydn, Die Feuersbrunst, Zwei CDs, Co-Produktion: rbb/Musikfestspiele Potsdam-Sanssouci, erschienen bei cpo, 24,99 €

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