zum Hauptinhalt

Kultur: Klingendes Kino

Packende indische Filmnacht im Potsdamer Filmmuseum

Stand:

Ein Kinobesuch ist in Indien das beliebteste Freizeitvergnügen. In der Filmme- tropole Bombay werden jährlich fast tausend Filme produziert, im ganzen Land im selben Zeitraum vier Milliarden Kinokarten verkauft und Filmmusikkomponisten wie A. R. Rahman, der „Mozart aus Madras“, erlangen Heldenstatus. Seit 1992 hat dieser besagte Rahman 100 Millionen CDs verkauft; mehr als Madonna und Britney Spears weltweit zusammen. Denn Musik und Tanz gehören im indischen Kinofilm zu den unabdingbaren Ingredienzien der farbenfrohen und jedes Mal sehnsüchtig erwarteten, mindestens drei Stunden langen Epen.

„Musik ist Geist, und Tanz ist die Manifestation des Geistes“, sagte der Tänzer und Choreograf Shiamak Davar, in dem arte-Dokumentarfilm „Bollywood – Indiens klingendes Kino“ von Nele Münchmeyer, der am Freitagabend zur Eröffnung der indischen Filmnacht im Filmmuseum gezeigt wurde. Und der einen faktenreichen und zugleich sehr sinnlichen Einblick in die Superlative der Traumwelt Bollywoods bot und jemandem, der solche Filme vielleicht bisher mit dem Etikett „kitschiges Gefühlskino“ abgetan hatte, einen einfühlsamen Blick hinter die Kulissen ermöglichte.

Die sehr zahlreich erschienenen, erstaunlich vielen jungen Kinobesucher, hatten solche Aufklärung sicher gar nicht nötig, hat sich doch das indische Kino längst angeschickt, die Herzen der Cineasten weltweit zu erobern. Preise auf europäischen Filmfestivals zeugen von diesem Siegeszug genauso wie die Nominierung des Erfolgsregisseurs Yash Chopra als Jurymitglied bei der gerade stattfindenden Berlinale.

Yash Chopras melodramatisches Epos „Veer & Zaara – Die Legende einer Liebe“ von 2004 bildete dann auch den Höhepunkt der Filmnacht. Der Stoff dieses wunderschönen, herzzerreißenden Liebesdramas hatte alle Zutaten, aus denen große Dramen gemacht sind: die unterschiedliche Religionszugehörigkeit und der kaum zu vereinbarende gesellschaftliche Stand der Protagonisten. Sie kommt aus Pakistan, er ist Inder. Er ist ungebunden und sie fest versprochen. Sie muss ihrem Vater und seinen politischen Interessen, er kann seinem Herzen folgen. Und zu allem Übel rächt sich der politisch einflussreiche Verlobte grausam wegen der groben Verletzung der Ehre seiner Versprochenen: Zweiundzwanzig Jahre sind die Liebenden getrennt. Veer sitzt unschuldig und sprachlos im Gefängnis in Pakistan, Zaara trauert um den vermeintlichen Toten in seinem Heimatort in Indien. Doch was hier mit dürren Worten kaum zu beschreiben ist und fast kein Happy End zulässt, wird dann doch in einem großen Finale aufgelöst, nach dem man nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen kann. Auch politisch nicht, denn die Versöhnung zwischen dem indischen Gefangenen und seinen pakistanischen Richtern war ein überaus starkes Bild. Diese Vielschichtigkeit der Handlung, neben den wunderbaren Schauspielern wie dem Superstar Shahrukh Khan, waren es dann wohl auch, die die Potsdamer Zuschauer über drei Stunden in den Bann zogen. Fast gab es einen Aufschrei, als nach der ersten Filmstunde abrupt abgebrochen wurde und auf der Bühne zwei junge attraktive Tänzerinnen beinahe wie aus dem Nichts auftauchten. „Triveni“ heißt die Berliner Tanzgruppe, deren anmutige Akteurinnen dann doch schnell die Herzen des Publikums eroberten. Und damit der sinnliche Genuss vervollständigt wurde, gab es in den Pausen ein wohlschmeckendes Buffet mit Mix Pakora, Mutton Curry, Chicken Champignon und Alu-Chaap, liebevoll hergerichtet vom Babelsberger „Kashmir Haus“. Auch das eine der überaus angenehmen und nicht mehr wegzudenkenden Seiten der Globalisierung.

Unterstützt wurde das Filmmuseum bei der hoffentlich nicht singulären Veranstaltung durch die indische Botschaft; der Botschaftsrat Herr Sudhanshu Pandey gab sich als begeisterter Kinogänger zu erkennen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })