Kultur: Kontraste
100 Stunden Kunst: das Waschhaus eröffnet heute seinen KO-Kunstwettbewerb
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Es geht sportiv zu in diesem Kunstwettbewerb. Per KO-System wird entschieden, wer von den rund 50 Bewerbern am Ende das Siegergeld in Empfang nehmen kann. Schon beim hausinternem „Vorlauf“ wurde im Waschhaus-Team die Spreu vom Weizen getrennt, blieben mehr als die Hälfte der eingereichten Arbeiten auf der Strecke. Die übrig gebliebenen 21 jungen Künstler dürfen sich nun an vier Tagen in drei Ausstellungen aneinander und gegeneinander messen. Der Startschuss für die erste Schau mit elf Künstlern fällt heute Abend.
„Wenn ein 16-jähriger Schüler gegen einen Kunststudium-Absolventen antritt, kann die Jury ihr Augenmerk natürlich nicht auf das technisch Perfekte legen, sondern muss das altersentsprechende Potential im Blick haben“, sagt Katja Dietrich-Kröck vom veranstaltenden Waschhaus, die vor allem den Spaß- und Festivalcharakter des KO-Wettbewerbs herausstreicht. Sie unterstützt Marie Middeke, die während ihres freiwilligen kulturellen Jahrs diese mittlerweile dritte Auflage betreut. Diesmal dürften sich aufgrund der Bauarbeiten im Waschhaus die „Eleven“ mit ihren Arbeiten im KunstRaum ausbreiten, der ansonsten den namhaften Profis vorbehalten ist. Schon das ein Punktsieg für jeden der Aussteller. Denn die riesigen weiße Wände heben natürlich die Wirkung der Werke immens.
Das beginnt bei der Fotoserie von Sonja Trabandt, die mit ihrer Diplomarbeit eine sinnkräftige, teils auch drastische Sprache findet. Ihr „Blauer Schmetterling“ oder ihre „Gebärmaschine“ setzen sich assoziationsreich mit dem Frau-Sein, Alleinsein und der Sehnsucht nach Zweisamkeit auseinander. „Im Vorüberwehn seh ich das Glück mir winken“, zitiert die Kommunikationsdesignerin passend zu dieser kurzlebigen Schau den Schriftsteller Hermann Hesse.
Dem Medium Fotografie fühlt sich auch Sarah Inhoffen hingezogen. Sie erzählt eine dramatische, messerscharfe Geschichte zwischen Frau und Schwein. Und die spitze Klinge blitzt nicht nur in der Hand der Frau auf den Bildern auf, die Fotografin benutzt sie auch, um in die Fotos hineinzuritzen. Nach diesen Verletzungen und Verwischungen (mit Tee!) fotografiert sie das Ganze noch einmal.
Die gegenüber liegende Wand ist den verrückten Clowns-Gesichtern von Julius Ruge vorbehalten. In seinen expressiven Arbeiten lässt sich ein großer Entwicklungssprung ablesen: „Ich versuche nicht mehr so impulsiv zu arbeiten, auch wenn noch immer die Themen und Linien nur so aus mir heraussprudeln. Ich möchte aber etwas von dieser Geschwindigkeit heraus nehmen, kontrollierter und intellektueller an die Arbeit gehen“, so der Koch vom Lapizlazuli, der sein Kunst-Studium in Weimar unterbrochen hat und überlegt, in Berlin-Weißensee weiter zu studieren. Neben seinem „Vater und Sohn“-Bild nehmen sich die Clowns geradezu fröhlich und lebensbejahend aus. „Das Grau verschwindet immer mehr“, freut sich der 25-Jährige. Sollte er den Wettbewerb für sich entscheiden, wisse er schon genau, was er mit dem 1000 Euro-Preisgeld machen würde: „alles in Bilderrahmen investieren.“ Ebenfalls in der Küche vom Lapislazuli arbeitet Anna Trubel, die hinter manadalaförmig verschlungenen Linien Tier- und Menschenköpfe herausblicken lässt.
Kontraste hier wie dort: in Themen, Genres, Umsetzung und natürlich auch in der Qualität. Darüber hat nun eine Fachjury zu befinden, in der unter anderem der Künstler Steffen Mühle, die Kritikerin Hanne Landbeck und die Kunstprofessorin Maike Aissen-Crewett mitwirken. Aber auch das Publikum ist gefragt. Wer also von den Künstlern möglichst viele Freunde mobilisiert, könnte ebenfalls den Sieg davon tragen. Denn schließlich gibt es ja zwei Gewinner: den der Experten und den der Zuschauer. Also fair play.
Innerhalb des Wettbewerbs gibt es am 1. Mai, 21 Uhr, Tanz von Oxymoron, am 2. Mai, 21 Uhr, eine Lesung von Horst Evers; außerdem Konzerte, Partys sowie Kurzfilme über Künstler.
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