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Kultur: Kraftquelle Singen

Zum Tod der Kirchenmusikerin und Gründerin der Singschule, Christa Bleyl

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Solche Fotografien waren ihr die liebsten: inmitten junger Sängerinnen und Sänger stehend, mit Menschen, die bei ihr das Singen lernten, die mit ihrem Musizieren Kraftquell für andere wurden, mit denen sie herzlich lachen konnte: Christa Bleyl. Die Kirchenmusikerin, Sängerin und Gesangspädagogin ist sich stets gleich geblieben, in der Hingabe an die Sache, in der Verpflichtung für ihre Singschule Potsdam - zuvor für den Knabenchor in Berlin-Köpenick –, in der stimmlichen und klanglichen Bildung der ihr Anvertrauten, in der musikalischen Gestaltungskraft, mit denen sie die Chorwerke, ob schlichte oder kunstvolle, interpretierte und in der Unbeirrbarkeit ihrer Pläne.

Der Wunsch der gebürtigen Berlinerin, sich intensiv mit Musik zu beschäftigen, stieß bei ihren Eltern jedoch auf heftigen Widerstand. Christa Bleyl setzte sich aber durch. Und so nahm sie schließlich an der Kirchenmusikschule in Halle ein Studium auf. Danach ging sie wieder nach Berlin zurück und nahm die Kirchenmusikerstelle an der Adventskirchengemeinde an. Hier wurde ihr bereits ein Kinderchor anvertraut. Doch die Kirchenmusikerin wollte ihr Wissen über die Physiologie der Stimme erweitern, vor allem bei Kindern. Auch hatte sie die Idee, einen Knabenchor aufzubauen. So nahm sie ein Fern- und Abendstudium an der Hanns-Eisler-Musikhochschule in Berlin auf. Obwohl Christa Bleyl wusste, dass ihr die Arbeit mit der menschlichen Stimme mehr liegt als der Dienst an der Orgel, nahm sie noch einmal intensiven Klavier- und Orgelunterricht – bei Erich Piasetzki. Drei Jahre lang war sie dann Kantorin in Grünau, wechselte ab 1976 an die Musikschule in Köpenick. Die Tätigkeit dort gestaltete sich außerordentlich erfolgreich. Christa Bleyl gründete einen Knabenchor, den sie elf Jahre leitete. Die hohe Qualität dieses Klangkörpers sprach sich überall im Land herum, so dass Gastspiele sowie Rundfunk- und Fernsehaufnahmen nicht ausblieben. 1987 musste sie sich jedoch aus familiären Gründen vom Knabenchor verabschieden. Sie ging nach Potsdam. Wieder im Dienst der evangelischen Kirche, wurde Christa Bleyl Kantorin in der Babelsberger Kirchengemeinde. Nach gut zwei Jahren ging jedoch endlich ihr Traum in Erfüllung: sie gründete 1989, noch in der Wendezeit, mit Gleichgesinnten die Singschule. Ab 1990 nahm die Singschule den Status eines Vereins an. Sein gesamtmusischer Ansatz – man beschäftigt sich in ihm nach wie vor mit Singen, Tanzen, Malen und Gestalten – fand bei Eltern und Kindern viel Anklang. Gruppenübergreifend gestaltete man die verschiedensten Aufführungen, beispielsweise mit etlichen Singspielen. Besonders auch bei der eindrücklichen Inszenierung der Kinderoper „Brundibar“ von Hans Krasa, einem Komponisten, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Mit dem Jungen Chor reiste Christa Bleyl zu den verschiedensten Festivals und Wettbewerben. Und meist kam sie mit einem Preis nach Potsdam zurück. Juroren und Zuhörer waren immer wieder begeistert, mit welcher Tonschönheit, Klarheit und Intonationssicherheit die Mädchen und Jungen sangen. Stets hatte man den Eindruck, dass sie mit den Inhalten der jeweiligen Chorsätze bestens vertraut waren. Christa Bleyl legte nämlich großen Wert darauf, dass den Mitgliedern der Singschule die geistigen und geistlichen Zusammenhänge und Hintergründe der musikalischen Kunstwerke aufgehellt werden, ohne deren Kenntnis ein richtiges Verstehen und auch vollmächtiges Interpretieren kaum möglich ist. Die Arbeit in der Singschule war für die Musikerin lebensbestimmend. Dies war ein großes Geschenk für die Musik in Potsdam. Da die Finanzen für den Verein nicht sehr komfortabel sind, war ihr Dienst als Chefin und Dozentin stets ehrenamtlich. Darin wurde sie auch von ihrem Mann tatkräftig unterstützt.

Mit dem Eintritt in das Rentenalter verabschiedete sie sich als Kirchemusikerin in Babelsberg. Und vor mehr als einem Jahr legte sie die Verantwortung der Singschule Potsdam in jüngere Hände. Doch ist sie hin und wieder gern zurück gekehrt, wenn ihre Hilfe und ihr Rat gefragt waren. Dem Singen hat sie aber nie Adieu gesagt. Von allen geschäftlichen Kompliziertheiten in einem Verein befreit, wollte sie sich nun ganz und gar dem Musizieren widmen, das immer den Lobgesang Gottes und das Bekenntnis mit einschloss. Sie gründete 2007 das Junge Gesangsensemble, bestehend aus einstigen Mitgliedern der Singschule. Doch eine schwere Krankheit kam dazwischen. Bis zuletzt hoffend, dass ihr Heilung zuteil werde, ist sie am 26. Januar mit 68 Jahren verstorben.

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