Kultur: Kunst im Windspiel
Von Austausch bis Kaufrausch: 50 Künstler hoffen auf Begegnungen bei ihrer Kunstallee
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Eine Kunstallee wird an diesem Wochenende zum Treffpunkt für Künstler und Kunstfreunde auf der Suche nach etwas Neuem. Eine Allee freilich hat so ihre Tücken: „Das hier ist keine Galerie, wir müssen mit gewissen Umständen leben. Regen und Wind zum Beispiel“, sagte Organisator Steffen Brünner, selbst freiberuflicher Holzbildhauer, zur Begrüßung der knapp fünfzig Aussteller. Die Umstände auf dem Gelände vom Treffpunkt Freizeit am Ufer des Heiligen Sees sind somit das genaue Gegenteil einer sterilen Museumsflucht, in der Flüsterton angesagt ist und mumifiziertes Aufsichtspersonal über Absperrungen wacht. „Wir wollen weg vom üblichen Galeriebetrieb“, sagt Brünner, und irgendwie gilt das auch für die Aussteller selbst. Es tue gut, seinesgleichen zu treffen, neue Leute kennenzulernen, der Austausch untereinander sei ihnen wichtig, berichten die Teilnehmer übereinstimmend. Dass die Atmosphäre stimmt, man abends noch lange zusammensitzt und schaut, was der Nachbar so treibt, hat für dieses Wochenende auch Künstler von weither nach Potsdam gebracht.
Auch falls er am Ende nicht das große Geschäft machen sollte, so sei es ihm doch eine Freude, dabei zu sein, sagt Burckhard Freihoff, der mit seinen Gartenskulpturen aus Kupfer und Glas vom Niederrhein einmal quer durch Deutschland gereist ist. Ihn stört der Wind ganz und gar nicht. Im Gegenteil, er lässt die großen Gebilde, mehrstöckige Mobile, leise in der Luft schaukeln, was besonders dem prächtigen Schmetterling bekommt. Eine einzige Kupferstange trägt das zart gehämmerte Tier, fast einen Meter im Durchmesser, perfekt ausbalanciert. In einer Galerie hätte diese Kreatur kaum so anmutig gewirkt wie hier auf dem grünen Rasen am Ufer des Heiligen Sees. Falls es Freihoff überhaupt nach Brandenburg verschlagen hätte. So wird die Kunstallee zum Neben-, besser Miteinander von Protagonisten, die es aus rein geografischen Gründen nie zueinander geführt hätte. Niedrige Standmieten sorgen dafür, dass auch Neuzugänge in der Branche eine Chance haben, hier auszustellen. Entsprechend breit gefächert präsentiert sich das Angebot. Ölbilder für vierstellige Beträge, Fotografie, Skulpturen, kleinteilige Keramik, Bücher; etwas größer Thomas Ottos Metallkopf: „Kabuki 1.0“, eine japanische Theatermaske aus zwei Millimeter dickem Stahl, zwei Mann braucht es, um sie zu tragen. Vor einem Theater könne er sie sich gut vorstellen, sagt der Metallbildhauer aus Berlin, der noch weitere Skulpturen im Angebot hat. So einen Kopf im Profil, aus vielen zusammengeschweißten Metallplättchen, oder farbige Emaillebilder. Das Licht bereitet ihm noch Schwierigkeiten, alles richtig in Szene zu setzen, aber so ist das eben draußen in der Natur.
Mehr Bilder gibt’s bei Willy Thor Buder und Eberhard Krüger, beide aus „bei Cottbus“, wie sie sagen; Buders Installation „Toy Soldier“ ein Blickfang genau wie Krügers eigenwillige Tierdarstellungen, die eigentlich einen Galerieauftritt verdienen. Das ist auch eine Hoffnung, die die Teilnehmer vereint: 500 Galeristen hätten eine Einladung erhalten, sagen die Organisatoren, wenn auch nur einige kämen und Kontakte geknüpft werden könnten, wäre das ein Erfolg. Auch in Potsdam freilich gibt es Ausstellungsflächen, in der Galerie Baake im Holländischen Viertel darf der Preisträger der Kunstallee 2011, gekürt von den Besuchern, im September ausstellen. Beginnend zur Kunstgenuss-Tour in Anwesenheit von Udo Lindenberg, Frank Zander und Helge Schneider, deren Werke ebenfalls zu sehen sein werden.
Auf der Kunstallee ist derweil auch Platz für Fotografen: Ralph Gräf mit inszenierten Bildern, Joachim Liebe mit dokumentarischen Bildern und Porträts sowie Gisela Haase mit Makrofotografie. Wer Zeit für Geschichten mitbringt, kann am Stand von Fritz Trochsler erfahren, warum und wie man im Knast mit Rote- Beete-Saft zu malen anfängt. Der Schweizer ist zum ersten Mal in Deutschland.
Ein Musikprogramm von Percussion bis Klezmer erwartet die Besucher heute, und ins VIP-Zelt darf jeder zum Klönen und Kaffeetrinken.
4. Kunstallee Potsdam. Auf dem Gelände des Treffpunkt Freizeit, Am Neuen Garten. Sa 10-22 Uhr, So 10-18 Uhr
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