Kultur: „Landschaften entstehen im Kopf“
Galerie Ruhnke widmet sich chinesischer Kunst
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Wer aus Schanghai nach Potsdam kommt, dem erscheint die kleine Stadt am Rande von Berlin recht beschaulich. Das Leben spielt sich hier in ruhigeren Bahnen ab als in der hektischen chinesischen Großstadt mit ihren 17 Millionen Einwohnern.
Die beiden Künstler Cheng Shenghu und Chen Jinhu sind mit ihren Familien seit wenigen Tagen in Potsdam. Die Galerie Ruhnke in der Hegelallee wird nämlich ab heute eine Ausstellung mit Werken von sechs chinesischen Künstlern eröffnen, die in ihrem Heimatland und darüber hinaus eine feste Größe sind. Chen Jinhu und Cheng Shenghu sind dabei, aber auch Gu Gan, Guo Ying, Qi Yang und Zhou Hao.
Galerist Werner Ruhnke sagt in einem Gespräch, diese Schau sei der Auftakt von weiteren Ausstellungen mit chinesischen Malern und Bildhauern. „In dem riesigen Land China gibt es eine riesige Schar von Künstlern, die bei uns weitgehend unbekannt sind. Wir wollen versuchen, der zeitgenössischen Kunst dieses Landes auf die Spur zu kommen und hoffen damit, dem Betrachter wunderbare visuelle Erlebnisse zu vermitteln“.
Das Konzept, neue chinesische Kunst in Potsdam bekannt zu machen, hat Werner Ruhnke gemeinsam mit seiner Frau Karin Tondorf erarbeitet. Sie war in Schanghai in mehreren Ateliers unterwegs und konnte Künstler animieren, in der brandenburgischen Landeshauptstadt ihre Arbeiten vorzustellen. So auch Chen Jinhu und Cheng Shenghu.
In Europa kennt man vor allem alte chinesische Malerei. Sie bewahrt viele Geheimnisse, die von uns weit entfernt sind: Die Ethik des Konfuzius, die Legenden des Taoismus und Buddhismus, die Fantasiegestalten der Mythologie, die Symbolik einfacher Blumen und Vögel sowie die elegische Stimmung der im Nebel versinkenden Landschaften. Die beiden Künstler aus Schanghai, die gegenwärtig in Potsdam weilen, leben in ihren künstlerischen Aussagen zwar auch von der Jahrhunderte alten chinesischen Maltradition. „Aber wir kombinieren sie mit Erkenntnissen aus der westlichen Malerei“, erzählt Chen Jinhu. Er teilt die künstlerischen Auffassungen seiner Kollegen in China in drei Kategorien ein. Da gibt es viele, die so malen wie er und sein Kollege Cheng Shenghu. Dann gibt es solche, die nur die Erinnerung an die alte Zeit wachhalten wollen, die traditionelle Bilder malen. Und dann findet man Künstler, die mit ihrer Kunst Kritik an den Sozialismus üben. Aber auch sie sind der alten chinesischen Malerei verbunden.
Menschen sind auf den zumeist intimen Bildern nicht zu finden, fast nur Landschaften. Die Sonne hat auf ihnen ebenfalls keinen Platz, weil der Schatten in der chinesischen Malerei unbekannt ist.Aber um so häufiger findet man eine feuchte, neblige Atmosphäre. Wasser und Berge spielen ebenfalls eine große Rolle. „Der Berg ist das Prinzip der Ruhe und der Unveränderlichkeit, das Wasser die Dynamik“, so Cheng Shenghu. „Eine bestimmte Landschaft wird nicht gemalt, sie entsteht im Kopf.“ Chen Jinhu widmet sich der Kalligrafie, in der die Einheit von Schrift und Malerei angestrebt wird. Auf dem Papier, werden mit Pinsel und Tusche auch Texte großer chinesischer Dichter gemalt. Und sie sind mit einem Siegel versehen, die den Namen des Künstlers preisgibt. Die chinesischen Maler, so empfindet man es in in der Ausstellung bei Ruhnke, befinden sich auf dem schmalen Grat zwischen Naturnähe und Abstraktion, sie sind im Drehpunkt zwischen Gegenständlichkeit und Ungegenständlichkeit.
Chen Jinhu erzählt, dass er schon mit sieben Jahren bei einem Meister die Kunst der Kalligrafie erlernte und von ihm ein Zertifikat erwarb. Cheng Shenghu kam über ein Designstudium zum Beruf des Malers. Heute betreibt jeder von ihnen eine Galerie in Schanghai. Darüber hinaus ist Cheng Shenghu Besitzer einer Galerie in Amsterdam. Arbeiten der Künstler sind darüber hinaus in Italien oder in Frankreich zu sehen. Nun aber auch in Potsdam. Morgen reisen die Familien weiter nach Paris, nicht, um dort ihre Werke auszustellen, sondern um große europäische Kunst zu sehen. Klaus Büstrin
Bis 28. August, Galerie Ruhnke, Hegelallee 41, Do-So 14-19 Uhr
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