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Zwischen Venus und Merkur. Wolfram Baumgardt schaut auf den Geist von Potsdam.

© Katalog

Von Heidi Jäger: Lange Schatten und sprühendes Gold

Der Maler Wolfram Baumgardt stellt im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ aus, das jetzt vom Kulturbund betrieben wird

Stand:

Ein Märchenschloss in Gold getaucht – so residiert Sanssouci fast geduckt über den Köpfen der Menschen. Das riesige Ölbild „Zwischen Venus und Merkur“ von Wolfram Baumgardt ist keine kitschige Postkartenidylle. Hier nehmen sich Vergangenheit und Gegenwart in einer knisternden Spannung an die Hand. Eine statuarisch wirkende Menschentraube steht übermächtig vor dem am Horizont auftauchenden Prachtbau Spalier. Sie weiß offensichtlich nicht viel anzufangen mit dem königlichen Erbe, wendet sich fast geschlossen von der Geschichte ab. Nur zwei Köpfe lugen abtastend zum Antlitz der verspielten Rokoko-Fassade, hinter der einst über Preußen regiert wurde.

Beim Malen dieses „Stand“-Bildes war ein Künstler am Werk, dem die Geschichte seiner Stadt offensichtlich auf den Leib gerückt ist: Dabei tritt er einen Schritt zurück, um schärfer ins Heute zu schauen. Ohne Anflug von Heimattümelei nähert er sich dem „Geist von Potsdam“. Die Ausstellung mit den schattenwerfenden und goldsprühenden malerischen Reflexionen ist im „Haus zum Güldenen Arm“ zu sehen und dem 80. Geburtstag Wolfram Baumgardts gewidmet. Als Kleinkind nach Potsdam gekommen, erlebte er die Bombennacht, später auch die Sprengung der Schlossruine, die er zuvor gezeichnet hatte. Der Künstler ist Chronist Potsdams und doch weit mehr. Wolfram Baumgardt füllt Erinnerungen mit malerischer Fantasie und poetischen Metaphern, die nachspüren und weiterdenken lassen. Man spürt, wie er die Kulisse Potsdam mit Detailkenntnis und sozialem Spürsinn füllt und dabei gern die Perspektive ändert. Der ehemalige Theatermaler und Filmarchitekt der Defa, der heute freiberuflich arbeitet, mischt sich ein mit Momentaufnahmen seiner Stadt und selbstbefragenden Eigenporträts.

Sein schwebendes Potsdam von 1982 mit der Vision eines aufgebauten Stadtschlosses und der Garnisonkirche hing einst im Büro des ehemaligen Kulturministers Hinrich Enderlein, der heute Vorsitzender des Brandenburgischen Kulturbundes ist. Enderlein ist neben der Fachbereichsleiterin Kultur und Museum, Birgit-Katharine Seemann, und der Geschäftsführerin des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler, Daniela Dietsche, in der Jury, die über die Ausstellungen im „Güldenen Arm“ entscheidet. Das 1737 erbaute Haus mit seinem reichen Schnitzwerk sollte mit dem Nachlass der Keramikerin Hedwig Bollhagen gefüllt werden. Doch nachdem der Zuschlag an das Ofenmuseum Velten ging, musste schnell ein neuer Betreiber für das schon zu lange verwaist stehende Domizil gefunden werden. Fast klammheimlich nahm der Kulturbund die Regiefäden in die Hand, nachdem er sich als einziger Bewerber mit seiner Konzeption bei der Stadt durchgesetzt hatte. Die kommt nun für Miete und Betriebskosten des „Güldenen Arms“ auf. Außerdem gibt es aus dem Kulturtopf 7000 Euro für Ausstellungen, wie Birgit-Katharine Seemann auf PNN-Nachfrage sagte. Dieses Geld floss zuvor in die Ausstellungen im Pavillon auf der Freundschaftsinsel. Dort hat seit Jahresbeginn aber der Brandenburgische Kunstverein das Sagen, der aus dem Luisenforum ausziehen musste. Die Förderung der Stadt von 20 000 Euro konnte er mit auf die Insel nehmen.

Der Kulturbund verschaffte sich bei der Bewerbung um den „Güldenen Arm“ auch durch rund 1000 Unterschriften von Befürwortern Gehör. Sein Konzept setzt auf eine sehenswerte Dauerausstellung mit Gebrauchskeramik des Sammlers Siegfried Lachmann in der oberen Etage und auf Wechselausstellungen in der unteren. „Wir sind Heimstatt für regionale Künstler“, sagt Carla Villwock, Geschäftsführerin des Kulturbundes, und verweist auf 4000 Besucher seit der Übernahme im Sommer. So werden Jubiläen, wie jetzt bei Wolfram Baumgardt, auch bei anderen Potsdamer Künstlern mit Ausstellungen bekränzt, wie der 60. Geburtstag von Oda Schielicke oder der 50. Geburtstag von Maren Simon.

Jeder Künstler kann sich um eine Ausstellung bewerben: für 2012 bis spätestens 20. September. Die dreiköpfige Jury wird dann auswählen. „Wir wollen nicht, dass kleinere Initiativen im Schatten der großen internationalen Kunst verloren gehen“, betont Seemann. 2011 sei noch etwas holprig gewesen. Es sollte keinen Leerstand geben und so wurde für jeden Monat eine neue Ausstellung angesetzt. Etwas zu viel für den vor allem ehrenamtlich arbeitenden Verein.

„Jetzt machen wir uns an eine Schärfung des Konzepts“, so Birgit-Kathrin Seemann. Dazu holte sie sich für ihren Fachbereich auch die Kunstwissenschaftlerin Isolde Nagel ins Boot, die einen Honorarvertrag hat, um Orte der Kunst, wie den Schirrhof in der Schiffbauergasse, den „Güldenen Arm“ und den Insel-Pavillon zusammenzuführen. „Sie soll gemeinsam mit den Akteuren vor Ort ein Konzept erstellen, sodass nichts verläppert.“ Und auch die sich etwas verprellt fühlenden „Freunde der Freundschaftsinsel“ sollen integriert werden. Sie können ihre „Gartenschönheiten in Vasen“ auch weiter präsentieren, Foerster ehren und Feste feiern, so die Fachbereichsleiterin.

Der „Güldene Arm“ richtet sein Augenmerk auf zeitgenössische Kunst in Potsdam und aus der Region Berlin-Brandenburg. Da darf man auf Ausstellungen eines Gestandenen wie Clemens Gröszer ebenso gespannt sein wie auf die junge Handschrift Julia Brömsels. Und im Sommer blüht  unter Quitte, Flieder und Apfelbaum auch draußen die Kunst, wenn der lauschige Innenhof mit Filmen, Lesungen oder Konzerten „bespielt“ wird.

Wolfram Baumgardt, Malerei, Grafik, Zeichnungen, bis 27. März, Mi bis So 12 bis 18 Uh. Heute um 18 Uhr führt der Künstler durch seine Schau im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ in der Hermann-Elflein-Straße 3 und lädt zum Gespräch ein

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