zum Hauptinhalt

Kultur: Lebensprall

Maria Schrader eröffnete das Jüdische Filmfestival

Stand:

Immer wieder spielte sie in Filmen mit, die sich der deutsch-jüdischen Vergangenheit stellten: In Aimee und Jaguar, Rosenstraße, Meschugge . In ihrem Regiedebüt Liebesleben blickte Maria Schrader nicht mehr zurück, sondern in das jetzige pralle Leben Israels. „Obwohl es eine so private Geschichte ist, hat sie für mein eigenes Leben eine befreiende politische Dimension“, sagte die Schauspielerin am Freitag zur Eröffnung des dreitägigen Jewish Film Festivals im Filmmuseum Potsdam.

Dann las sie mit weicher sinnlicher Stimme aus dem Buch von Zeruya Shalev, und ließ die obzessive erotische Begierde von Jara zu einem viel älteren Freund der Familie spannungsschürend fühlbar werden. Schon oft trug sie diese Geschichte vor, an der Seite der jüdischen Bestseller-Autorin. Während der gemeinsamen Lesereisen entstand eine Freundschaft und schließlich der Wunsch, die angespannte Empfindungswelt der literarischen Figuren in suggestive Kinobilder umzusetzen. In einem Film, der der Autorin schließlich israelischer erschien, als ihr eigenes Buch, sagte Maria Schrader. Denn die Regisseurin konnte im Film auch äußere Impressionen des heutigen Israels sichtbar machen: mit den Straßensperren, der Armee- und Polizeipräsenz oder den Sirenen.

Fast vier Monate arbeitete Maria Schrader in dem Land, lernte in der täglichen Routine und unter dem Stress des Drehens sehr viel über die dortigen Menschen. „Schnell konnte ich meine Ängste ablegen, als Frau und als Deutsche nicht akzeptiert zu werden.“ Sie habe unglaublich lebendige Orte mit faszinierenden, lebenshungrigen Menschen erlebt. Und je mehr sie von dem krisengeschüttelten Land kennenlernte, um so komplexer wurde die eigene Haltung. „Es gibt nicht das Schwarz-Weiß-Bild und die einzige, richtige Lösung für die Konflikte. Das macht politisch schon auch pessimistisch.“ Ihr begegnete im Lebensgefühl eine gewisse Atemlosigkeit. In Israel gibt es nicht den Luxus, sich darauf verlassen zu können, alle Zeit der Welt zu haben. Den Menschen ist die eigene Endlichkeit bewusster als bei uns in Deutschland.

In zehn Tagen fährt Maria Schrader wieder nach Israel: Zum Kinostart von Liebesleben , der dort auch schon beim ersten deutschen Filmfestival zu Ostern aufgeführt wurde.

Die Israeli sind sehr interessiert an Filmen aus Deutschland , erzählt Nicola Galliner. Gerade seien dort auch DEFA-Filme vor großem Publikum gelaufen. Aber auch ihr Festival in Berlin und seit fünf Jahren in Potsdam werde immer populärer, so die Festival-Chefin. Trotz der Hitze hatten wir in Berlin 2500 Besucher. Das sind zwanzig Prozent mehr als 2007.

Nächstes Jahr will die engagierte Frau in ganz Deutschland das Festival auf Tour schicken. Es ist wie mein zweites Kind, nur dass das richtige viel problemloser ist. Der Kampf um das Geld beginnt jedes Jahr neu. Ihr sei aber wichtig, über Filme ein Blick auf Israel zu zeigen, der anders ist als die Fernsehbilder: statt Bombenangriffe das normale Leben unter normalen Leuten. Der Israeli ist nicht nur der Soldat und der Siedler.

Sondern auch eine junge Frau wie Jara, die nun dank der deutschen Regisseurin Maria Schrader ihr aufwühlendes Liebesleben zwischen hautnaher Intimität und demütigender Distanz vor den Zuschauern im recht gut gefüllten Filmmuseum ausbreiten konnte.

Sie sei gern nach Potsdam gekommen, wenn auch nur auf einen Sprung zur kurzen Lesung, sagt die Künstlerin. Zu Hause warte aber schon die Tochter, für die sie wegen ihrer Proben am Theater im Moment wenig Zeit habe. Dennoch gibt es schnell noch ein paar Autogramme und ein wunderschönes Lächeln von der charmanten und sympathischen Freundin dieses Festivals, das den Kassam-Raketen zum Trotz, die auch in diesen Tagen die Israelis in Angst versetzen, von einem prallen Lebenshunger erzählt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })