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Afrikanische Wurzeln. Das Ensemble Okou spielt Weltmusik.

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Kultur: Leidenschaft, kraftvoll und zärtlich Das Ensemble Okou bei „Voice in Concert“

Was eigentlich ist Weltmusik? Oder Worldmusic?

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Was eigentlich ist Weltmusik? Oder Worldmusic? Da scheint es verschiedene Interpretationsentwürfe zu geben, aber eins ist sicher: Es passt meist in keine andere Schublade, was unter diesem Namen durch die Konzerthallen schwirrt. „Wir spielen multikulturell“, erklärte am Freitag die Sängerin der Formation Okou lächelnd den Gästen von „Voice in Concert“, als die Moderatorin nach der Pause fragte, wann denn mal etwas Afrikanisches käme. Trommler Markus Lingner, der, so sagt er, bitte nur „Onkel“ genannt werden möchte, bringt es auf den Punkt: „Det is keene afrikanische Mugge!“. Leichter hätte sich der Begriff Weltmusik nicht aus sich selbst heraus erklären können. Ein Berliner Schlagzeuger, blonder Vollbart und pink-buntes Käppi, der sich knapp als „Ossi“ vorstellt, übersetzt in schönstem Zille-Berlinisch, Kaugummi-kauend, den Französisch-Englisch-Mix seiner Kollegen: Saitenkünstler Gilbert Trefzger, dem man die ägyptische Mutter ansieht und dessen Schweizer Vater akustische Spuren hinterlassen hat; Sängerin / Gitarristin Tatiana Heintz, Vater Franzose, Mutter aus Westafrika. Welt-gemischter geht eigentlich nicht. Eines aber war ganz klar: Selten hat ein Konzert dieser Reihe anschaulicher verdeutlicht, dass hier die Stimme im Mittelpunkt steht.

Die drahtige, zierliche Frau ist die Antithese zu der Vermutung, Resonanz bräuchte Volumen. Es braucht nur wenige Minuten, dann fühlt man sich erinnert an namhafte Sängerinnen, Sade, Kate Bush, Norah Jones. Irgendwo hier könnte sich auch „Okou“ einreihen, die immerhin schon mit Mick Jagger auf der Bühne stand. Leidenschaft, wahlweise kraftvoll oder zärtlich umgesetzt, und ein Gespür, wann wie viel davon zur wunderbaren Musik ihrer Mitstreiter passt, ohne zu dominant zu werden, diese umwerfende Stimme einer kleinen Frau dringt bis in die letzte Ritze des vollen Nikolaisaal-Foyers, bis die Gäste mitschwingen. Auch wenn sie, trotz wiederholter Aufforderung der Band, sich erst zur Zugabe von den Sitzen erheben. Was aber nicht heißt, dass die deutsche Affinität zur Sitzplatzbindung – schließlich hat man dafür bezahlt! – dem Genuss entgegenstünde.

Dafür ist der Abend schlichtweg zu schön, die Lieder in Englisch oder Französisch, in denen sich Folk, Blues und Reggae, New Orleans und Hawaii mit Jimi Hendrix mischen, überraschen wieder und wieder mit ungewohnten harmonischen Windungen. Kaum meint man, eine Schublade gefunden zu haben, um den Song dort ordnungsgemäß zu archivieren, belehren Heintz, Trefzger und „Onkel“ uns eines anderen.

Dazu trägt schon die multikulturelle Auswahl der Saiteninstrumente bei, die der Schweizer Musiker und Komponist virtuos bedient. Mehrere Gitarren, arabische Laute und Lapsteel, eine liegende Gitarre mit Stahlseiten, deren Bespielung sowohl akustische und als auch optische Reize setzt, stapeln sich auf der Bühne. Tatiana selbst setzt Akzente an der Rhythmusgitarre und motiviert das Publikum zum Höchsteinsatz in Sachen Fingerschnipsen und Mitdudeln, stets sortiert durch „Onkels“ Schlagzeugeinsatz: Mal wischt er seine Besen jazzig-zurückhaltend über Snare und Becken, mal ballert er zärtlich, doch kraftvoll über die Toms, dass sich seine Herkunft aus dem Heavy-Metal-Fach verrät.

Der Drummer der Bands Toxon und Ohrbooten lernte Trefzger vor einigen Jahren an einem Kneipentresen in der Schweiz kennen. Jahre später meldete sich der Gitarrist bei ihm: „Lass uns was zusammen machen!“ Seit eineinhalb Jahren ist er nun mit Okou unterwegs und genießt die akustische Abwechslung. Aktuell arbeiten die Musiker an ihrem zweiten Album, Kostproben davon gab es schon mal im Konzert. Das erste Album von 2009, Serpentine, mit Liedern über Träume und Sehnsüchte, vertane Chancen und echte Freundschaft, verkaufte sich so gut, dass am Freitag der Nachschub ausging. Steffi Pyanoe

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