Aus der nördlichsten Stadt Deutschlands, aus Flensburg, kam Kirchenmusikdirektor Michael Mages in die Friedenskirche Sanssouci. Er war eingeladen worden, das dritte Konzert des Internationalen Orgelsommers zu gestalten. Die vor zehn Jahren entstandene Woehl-Orgel war für ihn ein klangvolles Fundament für sein farbiges Programm. Die Arbeit des Marburger Orgelbaumeisters Gerald Woehl ist ihm bestens vertraut. Unter Mages’ Händen und Füßen erklingt nämlich in der St. Nikolaikirche in Flensburg seit fünf Jahren ein Instrument aus Marburg. Dort sowie im Gotteshaus im Park Sanssouci erfuhr die „Königin der Instrumente“ durch den Orgelbaumeister gleichermaßen eine Verbindung von historischem Erbe und moderner Neugestaltung.
Zu Michael Mages’ Repertoire gehören Werke norddeutscher Komponisten des Frühbarocks: von Hieronymus Praetorius, der vor allem in Hamburg als Kirchenmusiker tätig war und als Gründer der norddeutschen Orgelschule gilt, spielte Mages am Mittwochabend drei Strophen des Magnificat, dem Lobgesang der Maria. Er nutzte die üppigen Registeroptionen der Orgel wohldosiert. Nie verfiel er angesichts des Möglichen in aufgeregte und nicht begründete Buntheit oder wenig motivierte Kleinteiligkeit. Mit einer gewissen Würde begegnete der Organist dem Werk, bewies dabei Strukturbewusstsein und Formklarheit. Heinrich Scheidemann war ein weiterer bedeutender Meister der norddeutschen Orgelschule des frühen 17. Jahrhunderts. Die komplex und vielfältig ausgestattete Fantasie in G des Kantors der St. Katharinenkirche Hamburg, spielte Mages mit differenziertem Zugriff und beeindruckend artikuliert. Verzierungen und das Figurenwerk klangen wie selbstverständlich geläufig.
Im dänischen Nordjütland ist der Kirchenmusiker Bjarne Hersbo beheimatet. Der 68-Jährige wird auch als Komponist hoch geschätzt, vor allem in Sachen Orgelmusik. Michael Mages nahm sich seiner Suite „Die Farben der Liturgie“ an. Das Stück will nicht in erster Linie den Klangfarbenreichtum einer Orgel, sondern das Spirituelle der gottesdienstlichen Feier verdeutlichen. Mages wählte für seine Interpretation insgesamt leuchtende Töne, auch in meditativen Momenten, sodass die Suite insgesamt wie ein hoffnungsfroher Regenbogen wirkte.
Mit César Franck stand einer der Großen der französischen Orgelromantik auf dem Programm. Mit dessen „Fantasie in a“ schuf der Flensburger Kirchenmusiker eine warme Klangatmosphäre, bei der die dynamische Vielfalt und die geheimnisvoll eingebrachten Akkorde sehr für sich einnahmen. Zum krönenden Finale brachte Mages die Sonatine a-Moll op.74 von Sigfrid Karg-Elert zu Gehör, ein Komponist aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der relativ unbekannt ist. Von dem Leipziger Konservatoriumsprofessor, ein exzentrischer Einzelgänger, erklang die a-Moll-Sonatine, ein Werk von beträchtlichen Ausmaßen. Sie beeindruckt durch ihren großen Stimmungsreichtum, die durch die wunderbare Registrierkunst des Organisten gut zum Ausdruck kam. In seiner Interpretation erschien sie geradezu klassisch – hochromantisch durch die Attitüden des An- und Abschwellens über wenige Takte hin und doch fast jugendstilhaft dekorativ in Details. Die Zuhörer spendeten der wunderbaren Interpretationskunst von Michael Mages herzlichen Beifall. Klaus Büstrin
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