Von Heidi Jäger: Lichtgestalt
Das Filmmuseum zeigt „Luise. Die Königin der Herzen“ als nimmermüde Leinwandheldin
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Ihr Lächeln hat viele Gesichter. Wohin das Auge schaut, strahlen dem Besucher anmutige Luise-Gestalten entgegen: „Die Königin der Herzen“ in herausgeputzter Endlosschleife. Das Filmmuseum hat für seine am Mittwoch eröffnete Luise-Ausstellung einen langen roten Teppich ausgerollt, an dem die Leinwand-Königinnen huldvoll die Parade abnehmen. Von Hansi Arnstädt und Henny Porten über Ruth Leuwerik bis zu Regina Beyer, Eva-Maria Rothemund und Luise Bähr reicht das Aufgebot an Schauspielerinnen, die seit dem Tod der wahren Luise vor 200 Jahren eine immer andere Luise erschufen, je nach dem Geist der Zeit. Mal mütterlich, mal leidend, dann wieder aufbegehrend, aber immer als Lichtgestalt, die ihr Volk aus großer Not erlösen will.
Das Museum verwandelte sich für diese attraktive und mit vielen opulenten Kostümen gespickte „Andacht“ in ein Schloss mit langem Gang, an dessen Ende die Königin auf ihrem Sockel thront. Doch bis man sich dieser „versteinerten Luise“ nähert, durchschreitet man in zwölf Stationen ihr Leben: von der „Jungfer Husch“ über ihr Refugium im Paretzer Schloss „Still im Land“ bis hin zu ihrem so frühen Ende nach nur 34 Jahren. Vis-á-vis erzählen die Filme, wie Regisseure diese Lebensabschnitte interpretierten.
In den ersten „Schloss-Zimmern“ begegnet man indes allen 15 Luise-Darstellerinnen in der Chronologie ihrer Film-Entstehung und kann selbst ausgiebig lesen und auch hören, welche zeitgenössischen Parolen, Wünsche und Nöte ihr von Drehbuchautoren in den Mund gelegt wurden.
Das erste Mal 1913, in dem nur als Fragment überlieferten Dreiteiler „Der Film von der Königin Luise“, der von Ausstellungskurator Guido Altendorf sowie dem Bundesfilmarchiv und „Looks-Film“ rekonstruiert wurde und nun auf DVD erhältlich ist. „Er zeigt Luise tadellos, ein Vorbild für alle Mädchen der Zeit, verklärt von Anfang bis Ende und damit das rechte Geburtstagsgeschenk für Kaiser Wilhelm II.“, so Guido Altendorf.
Die größte Luisen-Ballung gab es in der Weimarer Republik, wie in den reich bestückten Vitrinen zu sehen ist. Gleich sechs Mal gelangte die Königin in immer anderer Fassung ins Kino. Einer der größten Filme wurde 1927/28 gedreht und schaut mit durchaus kritisch-heiterem Blick auf die Monarchie. „Gezeigt wird eine flotte Kronprinzessin mit der fetzigen Mady Christians, die auch mal gegen die Hofetikette verstößt. Im zweiten Teil vermissten die damaligen Kritiker indes diese Leichtigkeit“, erzählt Alexa Eberle, die ebenfalls die Ausstellung kuratierte.
Mit einer pazifistischen Luise-Rede direkt an die Zuschauer endet der 1931 mit Henny Porten gedrehte Film, in dem sie auf den Typ der Übermutter eingeschworen wurde. Der einzige Film, in dem sie am Ende nicht stirbt. Auf Druck der Rechtsparteien wurde er immer seltener gespielt und um den Schlussmonolog „Auf Krieg wird Krieg folgen“ gekürzt. In der Ausstellung kann man ihn in voller Länge hören.
Anders als der Film „Jud Süß“ wurde der einzige Luise-Auftritt in der Nazi-Zeit nicht zum großen Propaganda-Erfolg. Irene von Meyendorffs Luise war wie eine kurze göttliche Erscheinung, auf Wunder hoffend, doch schnell verblasst. Und auch in der Nachkriegszeit gelang Luise nicht der große Leinwand-Triumph, wie etwa Sissi, obwohl monarchistische Stoffe Hochkonjunktur hatten. Der Film mit Ruth Leuwerik sei fast nur politisch gewesen und schlug aus Luise als zehnfache Mutter keinerlei Herzenskapital. Selbst ihr Techtelmechtel mit Zar Alexander wurde politisiert, weiß Alexa Eberle bei einer Führung zu berichten.
Die Luise der DDR war wiederum eine vorwitzige Emanze mit „Paula“-Charme, gespielt von Regina Beyer, der Brigitte Bardot des Ostens. Allerdings war sie nur Nebenfigur in dem fünfteiligen „Scharnhorst“-Fernsehfilm, schließlich wurde alles Preußische bis Mitte der 80er Jahre in der DDR weitgehend unter Verschluss gehalten. Regina Beyers Luise-Kleid, das sie bei der legendären Begegnung mit Napoleon trug und das von Leander Haußmanns Mutter Doris entworfen wurde, reiht sich zart-seidend in die Gala der Königinnen-Gewänder ein. Allesamt nur für die Leinwand genäht. Die echten Luise-Kleider und andere originale Nachlässe werden indes in Charlottenburg, Paretz und auf der Pfaueninsel ausgestellt.
Dafür kamen die Kleider vom nunmehr 24. Luise-Film fast noch drehfrisch ins Filmmuseum. Das Doku-Drama „Luise. Königin der Herzen“ von Georg Schiemann, in der die zehnjährige Magdalena Pilgrim die junge und die 30-jährige Luise Bähr die erwachsene Luise spielen, versucht eine Interpretation aus heutiger Sicht: „ohne Heroisierung, aber durchaus mit Emotion“, wie der Regisseur über seine historisch untersetzte Annäherung sagt, die nicht nur im Filmmuseum, sondern Karfreitag auch im NDR läuft. Er zeige in Luise, was er unter einer modernen Frau verstehe und deren Schicksal ihn sehr an Lady Di erinnert habe, so Schiemann.
Natürlich ließ auch ihn die Anmut von Luise nicht unberührt, über die August Schlegel einst schrieb: „Ihr Lächeln heißt den Kummer scherzen. Vor ihrem Blick ist jedes Leid entflohn. Sie war in Hütten Königin der Herzen. Sie ist der Anmut Göttin auf dem Thron.“ Die beste Ouvertüre für diese Ausstellung über Luises vielgesichtige Widergeburten.
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