Kultur: Liebe auf den zweiten Blick
Neu am Theater: Marie-Luise Lukas spielt in „Hotel Sibirien“
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Neu am Theater: Marie-Luise Lukas spielt in „Hotel Sibirien“ Sie hat trotz ihrer jungen Jahre schon einige Talsohlen durchschritten und freut sich umso mehr, in Potsdam endlich bei sich und auf der Bühne angekommen zu sein. Marie-Luise Lukas ist seit März am Kinder- und Jugendtheater und inzwischen festes Ensemblemitglied des HOT. Zu ihrem Einstand spielte sie in dem Stück „Das Dschungelbuch“ gleich die Hauptrolle der Mowgli. Auch ihre zweite Rolle – in dem heute Premiere feiernden „Hotel Sibirien“ von Roel Adam – hat sie einen tragenden Part zu füllen. Die Liebe zum Theater entdeckte die 23-jährige Dresdnerin durch „Fremdeinwirkung“. „In der 11. Klasse begann ich im Schultheater mitzuspielen. Eine Frau vom Stadttheater, die mich kannte und eine Aufführung besuchte, riet mir, Schauspielunterricht zu nehmen.“ Also studierte sie neben der Schule verschiedene Rollen ein und bewarb sich schließlich nach dem Abitur an diversen Theaterhochschulen. „Die Vorrunden liefen sehr gut, aber auf den ,letzten Metern“ fiel ich durch.“ Innerlich hatte sie sich schon von einer künstlerischen Karriere verabschiedet und schwenkte kurzerhand auf Englisch/Spanisch/Geschichte um. „Ich schrieb mich in Leipzig ein und nahm mir eine Wohnung. Doch dann kam noch das Vorspiel in Graz“ – und zu ihrer Überraschung wurde sie genommen. In zehn Tagen waren Mietvertrag und Einschreibung aufgelöst. An das erste Jahr des Studiums erinnert sie sich dennoch eher mit Bauchschmerzen. „Ich wehrte mich innerlich gegen den Beruf, wollte bestimmte Übungen nicht mit machen. Mir fehlte mit 18 Jahren wohl einfach der Überblick, was an so einem Job dran hängt, was von einem erwartet wird und wie viel man preis geben muss. Das geht an die Substanz.“ Irgendwann fand sie aber die Kraft, dieses Gefühlsknäuel aufzulösen und gab sich einen Ruck: „Du willst das, also mache! Und plötzlich spürte ich den Spaß dabei, entdeckte voller Spannung Dinge über meinen Körper und meine Stimme, von denen ich vorher nichts geahnt hatte.“ Es entwickelten sich zu einigen Dozenten sehr warmherzige Beziehungen, bei anderen, rigiden Lehrern lernte sie die Auseinandersetzung. Auch das war für das einst eher in sich gekehrte Mädchen ein Lernprozess. Bis 15 war Marie-Luise Lukas Einzelkind. „Ich spielte viel allein und träumte mich in Dinge hinein. Ferienlager fand ich immer besonders schrecklich. Zum Schultheater kam ich erst mit 17, vorher wäre ich viel zu ängstlich gewesen, mich dem Publikum zu stellen.“ Das ist lange her und begeistert erzählt die dunkeläugige offenherzige Frau von ihren ersten Bühnenerfahrungen. Nach dem Studium allerdings sah es für sie nicht gerade rosig aus. „Ich war eine der Letzten, die ein Engagement erhielten.“ Als sie trotz zahlreicher Vorsprechen keine Zusage bekam, stand sie wie vor einem großen Loch. „Man stellt sich nur noch selbst in Frage und wird zu einem einzigen Nervenbündel. Natürlich kennt man eine Menge arbeitslose Schauspieler, aber wenn es einen persönlich betrifft ... Da hast du Lust, Kraft, Ideen und bist bereit, alles zu geben. Aber du bekommst einfach keine Chance. Es war eine Situation wie vor vier Jahren.“ In diesem seelischen Notstand ergriff Marie-Luise Lukas wieder die Initiative. Um Geld zu verdienen, gab sie Märchenlesungen, was ihr durchaus Spaß machte. Und sie nahm sich schließlich auch eine eigene Wohnung. „Ich hatte gerade den Mietvertrag in Dresden unterschrieben, da kam einen Tag später das Vorsprechen in Potsdam.“ Zwei Tage darauf hielt sie die Zusage in der Hand. „Man sollte sich zu Entscheidungen zwingen, um aus der Stagnation heraus zu kommen“, so ihre Erfahrung. Seit dem Frühling lebt sie nun in Potsdam, und genießt das viele Grün, das Baden im Heiligen See und die ausgedehnten Fahrradtouren, die ihr ebenso wie Kino, Tanzen und Kochen einen angenehmen Ausgleich nach der Arbeit bringen. In dem Stück „Hotel Sibirien“ spielt sie in der Regie Philippe Bessons erstmals eine Komödie, obwohl sich der Titel eher nach einer Tragödie anhört. „Zuerst fand ich das Stück ganz eigenartig. Aber beim zweiten Lesen musste ich laut lachen. Eigentlich sind es ganz schreckliche Figuren, die dort auftauchen“: Sibirien ist der Name eines Hotels, benannt nach seinen Besitzern. Deren Tochter Katja muss für das Unternehmen schuften, was das Zeug hält. Doch da treffen überraschende Gäste ein und die Verwicklungen beginnen. „Das Stück erfordert von den Zuschauern ab 13 schon große Konzentration. Für uns ist es wichtig, dass wir es auch lustig hinbekommen. Mittelpunkt der Handlung ist der Wahnsinn um das Geld, und die Frage, ob es daraus einen Ausweg gibt. Die von mir gespielte Katja ist wohl die Normalste in dem Stück. Sie wird von ihren Eltern furchtbar behandelt und gehandelt und Katja möchte dem natürlich entfliehen. Dazu muss sie sich behaupten lernen.“ So wie Marie-Luise im wirklichen Leben, auch wenn in anderen Situationen. Heidi Jäger Die Premiere ist heute um 18 Uhr in der Reithalle A. Karten noch an der Abendkasse.
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