zum Hauptinhalt
Tamara Staudt und Jörg Hauschild mit Anna Loos in der Hand.

© Manfred Thomas

Kultur: Liebe beim Käsen auf der Alm

„Nur ein Sommer“ im Thalia-Filmgespräch mit Regisseurin Tamara Staudt und Cutter Jörg Hauschild

Stand:

Regisseurin Tamara Staudt freut sich über den Beifall, den sie am Samstagabend im Thalia-Kino für ihren Film „Nur ein Sommer“ bekommt. Mit ihr ist Cutter Jörg Hauschild beim Gespräch dabei, der sich weitgehend zurückhält, aber eine Pointe beisteuert: Als jemand aus dem Publikum die professionellen Hände des Schauspielers Stefan Gubser beim Käsemachen lobt, wirft er ein: „Das kommt durch den professionellen Schnitt“ und hat die Lacher auf seiner Seite.

In dem Film geht es natürlich auch um das Käsen auf einer Alm in den Schweizer Bergen, aber dominant ist die Liebesgeschichte zwischen dem kauzigen Almbauer Daniel und der stark berlinernden Eva (Anna Loos) aus dem Brandenburgischen, die für einen Sommer auf der Alm als Melkerin arbeitet. Das Berlinern sei eine Idee der Schauspielerin gewesen. „So hätte ich gar nicht schreiben können“, sagte Tamara Staudt, die auch das Drehbuch verfasste. Die Zuschauer empfinden die Figur der Eva, allein erziehende Mutter eines fast volljährigen Sohnes und zu Beginn Geliebte eines jüngeren Mannes, gerade durch die starke Mundartfärbung authentisch. Vielleicht auch, weil diese Sprache mit dem Berner Oberlanddeutsch der Bauernfamilie konfrontiert wird und auf der Alm zwei Lebensweisen aufeinander treffen, die zwangsläufig nach dem Motto „Gegensätze ziehen sich an“ zur Liebe führen.

Tamara Staudt war selbst zwei Sommer lang auf einer Alm und fasziniert von dem ursprünglichen Leben. „Ich wollte unbedingt in einer Höhe von über 2000 Meter drehen“, sagte sie und man merkt ihr auch noch zweieinhalb Jahre nach dem Dreh die Leidenschaft für diese archaische Lebensweise an: so weit entfernt über den anderen zu sein, die Euter der Kühe berühren zu können, in einem Bergsee zu baden und die Abende mit frischem Berner Holzfeuerkäse und Rotwein zu beschließen.

Auf der Nachbaralm arbeitet Mehmet (Oliver Zgrolec) als Gehilfe, er hat auch ein Auge auf Eva geworfen. Diese Figur hat Tamara Staudt deshalb in den Film integriert, weil in der Schweiz so hoch oben „nur noch Ausländer“ arbeiten, Schweizer machen diese Arbeit schon lange nicht mehr. Der Nostalgie wird mit dem Materiallift, in den sich die Menschen legen als wären sie Proviantsäcke, Nahrung gegeben. Und so fahren die Menschen im Film in der Holzkiste den Berg hinauf – und der oben gestorbene Vater des Bergbauern dann auch wieder hinunter.

Staudt freute sich über einen Zuschauer, der sich danach erkundigt, ob sie mit der Sprengung eines Plattenbaus in der Heimat von Eva dem Kultfilm „Die Legende von Paul und Paula“ von Heiner Carow aus dem Jahr 1973 eine Referenz habe erweisen wollen. „Endlich fragt das mal einer“, freute sich Staudt. Damals wurden Altbauten gesprengt, heute werden die damaligen Neubauten „rückgebaut“. Das Bild der Sprengung stammt aus dem Archiv. Sie habe das Drehbuch geschrieben, ohne an „Paul und Paula“ zu denken, die Parallele sei ihr erst später klar geworden.

Es habe sehr lange gedauert, bis die Finanzierung von 1,5 Millionen Euro für ihren Film stand und sie konnten nur dreißig Tage in den Bergen drehen. Aber das Team hatte Glück mit dem Wetter, das ihnen Gewitter und Sonnenschein bot. Der für die Geschichte wichtige Schnee wurde vor dem eigentlichen Dreh „stumm“ aufgenommen.

Das Publikum lieferte unterschiedliche Einschätzungen zu dem Film. Eine Zuschauerin wünschte sich mehr „soziale Aspekte“ über die Situation der Arbeitslosen in Ostdeutschland, eine andere wiederum fand den Film „sehr ehrlich und authentisch“. Lore Bardens

Lore Bardens

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })