Kultur: Liebessehnen und bitterböses Real-Szenario
Kirsten Becker-Israel schrieb ihren Roman-Erstling „Suche nach Sanssouci“
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Kirsten Becker-Israel schrieb ihren Roman-Erstling „Suche nach Sanssouci“ Der Klappentext liest sich wie die Werbung für einen neuen Rosamunde Pilcher-Roman. „Verzehrende Liebe, interessierte Geheimdienste, verschworene Knastgemeinschaften, intrigante Fluchthelfer, schillernde Medienszene und sehnsüchtige Melancholie“ werden dem potenziellen Buchkäufer des Erstlingswerks von Kirsten Becker-Israel versprochen. Und fürwahr: „Suche nach Sanssouci“ (Pappon Verlag) scheut sich nicht vor großen Gefühlen. Die in Königstein/Taunus und in Potsdam lebende freie Autorin hat einen unverkennbaren Hang zu Pathos und schwülstigen Worten. Erzählt wird vor authentischer Kulisse die Geschichte von Franziska und ihrer tiefen Zuneigung zum königlichen Refugium. „,Sanssouci!“ Welche Verzauberung steckt in diesem französischen Wort, mit dem Friedrich der Große das Wunder benannte! ,Ohne Sorge!“ Hier, in diesem Park, der sie schon als Kind in seinen Bann gezogen hatte, nahm ihr Schicksal seinen Lauf.“ Die konfliktbeladene schwere Zeit der jungen Frau begann indes ganz fröhlich und unverfänglich bei einer ihrer Führungen durch die Orangerie. Während Franziska die neugierigen Touristen auf die Schönheit der „Madonna von Aragonien“ aufmerksam macht, wird sie selbst in ihrer Schönheit entdeckt. Von Henk, dem kunstsinnigen Gast aus Holland. Er lädt „seine“ Fremdenführerin – verführerisch im Affengang - zum Besuch der Sixtinischen Madonna in Dresden ein. Bei soviel Charme und Weltgewandtheit ist Franziska natürlich erlegen und die Verwicklungen nehmen ihren Lauf. Schließlich spielt diese aufkeimende Liebesgeschichte mitten in der DDR, wo Gefühle zwischen Ost und West am Starrsinn der Altersriege und ihres unerbittlichen Geheimdienstes zerrieben werden. Denn natürlich wird jeder ungewollte Kontakt geahndet: mit der unsanften Werbung zum Verrat. Die Machenschaften der Stasi nehmen ihren Lauf und stellen das junge Glück auf schwere Bewährungsproben. Doch nicht nur die politischen Intrigen gefährden die Liebe. Henk neigt zur Eifersucht, die in cholerischen, ja schon sadistischen Ausfällen münden. Um aus der ganzen Misere herauszukommen, erwägt Franziska, das Land zu verlassen und zapft dazu die Freundschaft eines alten Bekannten an, der sie – ebenfalls in Liebe zu ihr entbrannt – über die Grenze schleusen will. Das Ganze fliegt auf und Franziska wird hinter die schweren Eisentüren des „Lindenhotels“ weggeschlossen. Was wie eine etwas kitschige Liebesgeschichte beginnt, mündet jetzt in ein bitterböses Real-Szenario mit dem Stempel „MfS“. Die dramatische Schilderung dieser Knast-Zeit ist emotional aufrührend und auch in eine schlichtere Form gefasst. Einfühlsam wird ein elfmonatiges Märtyrium beschrieben. Schließlich wird Franziska von der Festung Hoheneck auf den Menschenverkaufsmarkt „ausgespien“ und als „Müll der Gesellschaft“ für Devisen verkauft. Das Büchlein liest sich streckenweise durchaus spannend, auch wenn es sprachlich wenig Farbe und Überraschungen bereit hält. Oft gibt es Brüche, so wenn die Autorin von lodernden Liebesschwüren zu didaktischen Erörterungen der politischen Lage in Kenia übergeht. Immer wieder schwappen Alltagserinnerungen aus DDR-Zeiten hoch. Doch zu sehr klebt Kirsten Becker-Israel an dem Kleinklein der ihr vertrauten Realität. Es fehlt die Leichtigkeit und der große Atem, der verallgemeinern lässt und somit die Kraft des Romanciers. Heidi Jäger
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