Kultur: Lupenreiner Zauber
In der Galerie Töplitz treffen sich ab morgen vier Meister der Augentäuschung
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In der Galerie Töplitz treffen sich ab morgen vier Meister der Augentäuschung Sie alle sind Verführungskünstler. Mit raffiniertester Technik locken sie die Sinne auf eine falsche Fährte. Ihr Stil hat Methode und ist schon aus dem alten Pompeij bekannt. Der Name dieser poetischen „Mogelpackung“: „Trompe l’oeil“, was soviel wie Augentäuschung heißt. Mit feinstem Pinsel – dessen elastischen Haare aus gekochten Eichhörnchen-Schwänzen bestehen und teurer als Gold wiegen – werden die Farben in mehreren Schichten mit akribischer Genauigkeit aufgetragen. Landschaften, Architektur oder Skulpturen werden geometrisch genau vorgetäuscht. Was auf den ersten Blick wie eine Fotografie wirkt, stellt sich beim näheren Betrachten als präzise, lupenreine Malerei heraus. Einer der ganz Großen, der diese Technik besonders trefflich beherrscht und bereits in die Kunstgeschichte eingegangen ist, heißt Michael Lassel. Er führt das Augentäuscher-Quartett in der Galerie Töplitz an. Der aus Siebenbürgen kommende Künstler schwang in seinen frühen Malerjahren den Pinsel sehr viel freier. Dann traf er in Paris auf die Gruppe Cadiou, die das Trompe l’oeil wiederbelebte, und war wie vom Blitz getroffen. Mit einem Schlag sagte er der abstrakten Malerei adieu, verschenkte alle seine Bilder und entdeckte über die alte Technik sich selbst ganz neu. „Der als ,Papst’ des Trompe l’oeil gefeierte Jacques Poirier lehrte mich das Sehen: nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Herz und Geist.“ Seitdem gehört seine ganze Leidenschaft dieser zeitintensiven Malerei, die bei ihm in der Dreieinigkeit von Technik, Poesie und Humor die wundersamsten Früchte trägt. Allein sein Bild „Bau und Zerfall einer Kathedrale“, an dem er ein ganzes Jahr malte, ist mit Details so reich gespickt, dass es zu immer neuen Entdeckungen einlädt. 170 Figuren, jede andersartig, ziert die zerfallene Kathedrale und erst der Blick durch die Lupe offenbart auch die letzte stimmige Nuance. Bevor Lassel zu seinen handgeriebenen mittelalterlichen Farben greift, macht er viele Zeichnungen und lässt seine Ideen über Monate reifen. Erst dann baut er sich ein 1:1-Modell, das er akkurat auf die Leinwand überträgt. Die Malerei adele ihn zum König, der sich seine eigene Welt schaffen darf. Aber auch das Kind in ihm bleibe dabei lebendig: „Man braucht Sauberkeit in der Seele.“ Auch Wolfgang Harms ist ein unterhaltsamer Geschichtenerzähler. Das valentinsche Wort „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“ durchlebt er gern, bringt sie ihn doch immer dichter auf die eigene Lebensspur. Gerade nach Meditationen sprudelt das Wundersamste aus ihm heraus: Wolkenschaukeln, Mondvögel, Bütenbläser. Auch wenn sich auf dem ersten Blick eine erdachte Welt vor dem Betrachter ausbreitet, hat sie doch viel mit dem Künstler selbst zu tun: mit Gleichgewicht, Erotik und Alter – Fragen, die ihn ständig treiben. Sein Kugelkopf und Würfelkopf, die immer wieder durch die Bilder „geistern“, spiegeln das Weibliche und Männliche. Der Märchen- und Science-Fiction-Liebhaber, der auch das geschlossene „Café Möhring“ in Berlin mit seinen weitsichtigen phantastischen Realitäten ausmalte, setzt auf Kontraste ebenso wie auf das Dekorativ-Florale, das dem Jugendstil Avancen macht. Wiederum ganz anders zeigen sich die Arbeiten von Jo und Hans Niklaus. Jo Niklaus ist über das Kopieren zum Trompe l’oeil gekommen. Sie malt Mona Lisa und Marilyn Monroe ebenso täuschend echt wie die Blaue Mauritius. Während die anderen in Öl ihre Augentäuschungen vollbringen, arbeitet Hans Niklas in Acryl. Er holt die schillernde Welt des Meeres an die Oberfläche: nicht nur beim Tauchen, sondern auch beim Malen. Seine Schneckenparade ist ein Sinnesschmaus an Formen und Farben. Mit dieser exquisiten, vielgestaltigen Schau, die bis 9. Mai geöffnet ist, beschenkt sich der Verein Havel-Land-Art zu seinem zehnten Geburtstag selbst aufs Beste. Zur Eröffnung um 16 Uhr spielen Frederike von Möllendorff (Sopran) und das Duo Dan (Querflöte und Orgel). Heidi Jäger
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