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Kultur: „Märkische Forschungen“

Günter de Bruyn feiert heute seinen 80. Geburtstag

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Ein ranghoher Berliner Professor hat einen vergessenen märkischen Dichter, Max von Schwedenow, wiederentdeckt. Bei einer Reise trifft er einen Landlehrer und muss überrascht feststellen, dass der ebenfalls auf Schwedenows Spuren forscht und beinahe mehr weiß als er selbst. Dies kann er jedoch nicht dulden. Günter de Bruyn hat in seiner in den siebziger Jahren entstandenen Erzählung „Märkische Forschungen“ eine Parabel auf das herrschende System, die DDR, geschrieben, die nämlich keinen Zweifel an den aktuellen Leitbildern dulden wollte.

Manche der Texte des Schriftstellers waren Lehrstücke über das Leben in der Diktatur, mit der sich fast alle arrangierten, auch de Bruyn bei aller stillen Aufmüpfigkeit und Widerborstigkeit bis hin zur Brandmarkung der Zensur in der DDR auf dem Schriftstellerkongress im Jahre 1987. Sie sei eine Beschädigung der Würde gewesen, meinte de Bruyn später einmal. „Man musste zu Kreuze kriechen“. Alleine Grund genug für ihn, „die DDR zum Teufel zu wünschen“, auch weil er in seiner Arbeit oft zu brav geblieben sei, wie er einräumte. Die von „DDR- Nostalgikern gern kreierte kulturelle Dolchstoß-Legende“ sei absurd.

„Märkische Forschungen“ - das war und ist aber das große Thema des Schriftstellers Günter de Bruyn, der heute seinen 80. Geburtstag feiert. Der sehr zurückhaltende Autor, der in der Waldeinsamkeit des märkischen Dorfes Görsdorf zu Hause ist, hat Theodor Fontane stets als sein Vorbild betrachtet, besonders in puncto märkischer Forschungen. Als Fontane die „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ schrieb, so de Bruyn, war „er nicht etwa blind für die Schönheit der Landschaft, die vor seiner Zeit meist als langweilig und öde empfunden wurde, sein Hauptinteresse galt der Geschichte und den Geschichten.“

Davon künden auch Günter de Bruyns Bücher, die er vor allem in den vergangenen Jahren veröffentlichte. Beispielsweise: „Abseits – Liebeserklärung an eine Landschaft“ (Verlag S. Fischer). Den wohl meisten Lesern ist der Ort Görsdorf , in der Nähe von Beeskow und Storkow gelegen, unbekannt. Er lässt ihn aber sehr plastisch vor Augen entstehen. Mit akribischem Wissen gibt der Autor Auskunft über seine unspektakuläre Historie, über die dennoch so kostbare Landschaft, die aber kaum zu den Highlights von Touristen zu zählen ist. Aber was Günter de Bruyn schreibt, berührt vor allem durch eine große geistige Weite. Auch das Buch, das dieser Tage erschienen ist: „Als Poesie gut“ (S.Fischer Verlag). In ihm schreibt der Autor über Schicksale aus Berlins Kunstepoche von 1786 bis 1807. Diese eindrucksvolle Darstellung, die mit dem Tod Friedrichs des Großen beginnt und mit dem Gespräch zwischen Königin Luise und Napoleon endet, soll eine Fortsetzung erfahren. Vor allem geht de Bruyn in dem imposanten Werk den Lebenswegen von Künstlern nach. De Bruyn fußt dabei auf eine Aussage des Generals August Wilhelm von Gneisenau (1760-1831), wonach allen patriotischen, religiösen und sittlichen Gefühlen Poesie zu Grunde liege und somit auch „die Sicherheit der Throne“ auf Poesie gegründet sei. Dabei hat de Bruyn nach eigenem Bekunden immer um sein „Leben herumgeschrieben“ und dabei doch ein staunenswertes Werk verfasst.

Der Romancier und Essayist kann jedenfalls auf eine reiche Ernte zurückblicken, deren Früchte von literarischer Meisterschaft zeigen. Modische Wichtigtuererei sind ihm in seinem Schreiben fremd. Einige seiner bekanntesten Bücher wie die Jean-Paul-Biografie, „Märkische Forschungen“ oder die Romane „Buridans Esel“ oder „Preisverleihung“ legen ein beredtes Zeugnis davon ab, doch auch auch die Nachwende-Bücher „Neue Herrlichkeit“, Vierzig Jahre“ oder „Deutsche Zustände“.

Es kommt nicht oft vor, dass sich zur Geburtstagsfeier eines Literaten ein Regierungschef anmeldet. Angela Merkel will aber heute persönlich den märkischen Forscher und Dichter in Frankfurt an der Oder gratulieren. Seit gestern findet dort ein zweitägiges Symposium statt, auf dem er als Chronist der Befindlichkeiten im geteilten und vereinten Deutschland gewürdigt wird.

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