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Kultur: Mehr Glanz

Finale der Musikfestspiele im Ehrenhof des Schlosses Sanssouci mit Les Paladins

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Kein quirlig-lautes Treiben, das an einen Jahrmarkt erinnert. Die meisten Besucher wirkten so, als ob sie im Ehrenhof des Schlosses Sanssouci auch dem einstigen königlichen Bewohner an diesem Abend ihre Reverenz erweisen wollten. Sie waren sich dem besonders exquisiten Ort bewusst und kamen zum Abschlusskonzert der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci, die traditionell ein Feuerwerk zum Finale bereithalten. Kein Werk, das einst in den Gemächern Friedrich des Großen erklang, war zu hören, sondern Musik, die zur Renaissance- und Barockzeit in neapolitanischen hochherrschaftlichen Häusern und im 19. Jahrhundert auf der Straße oder im Wirtshaus gespielt und gesungen wurde. Dem diesjährigen Thema der Festspiele „Mittelmeer – Zwischen Traum und Wirklichkeit“ wurde auch am Sonntagabend Tribut gezollt.

Neapel ist von jeher eine musikalische Stadt, und vor allem die „canzone napoletana“, das neapolitanische Lied, gehört zu ihrer Identität wie die Pizza. Lieder wie „Tiritomba“, „Santa Lucia“ oder „Funiculi Funicula“ kennt in Neapel bereits jedes Schulkind, obwohl sie so manch Romantisch-Schwülstiges an sich haben. Das französische Ensemble Les Paladins unter der Leitung von Jérome Correas, das sich vor allem der italienischen Musik des 17. und 18. Jahrhunderts widmet, hat sich auch den Canzonen zugewandt. Es sind Lieder und Romanzen, die von Sehnsucht, Leidenschaft, Sinnlichkeit bis zuweilen romantischer Trauer erzählen. Bei diesen Ohrwürmern ging so manchem Konzertgast das Herz auf, ließ sich von ihnen anstecken, summte oder sang leise mit und klatschte schließlich bei „Funiculi Funicula“ im Takt mit. Die beiden Tenöre Jean Francois Lombard und Artavazd Sarsyan waren hierbei in ihrem Element und sangen mit Natürlichkeit, Hingabe und übergreifender Freude. Eingebunden wurden sie in teilweise temperamentvollen Choreographien, die Ana Yepes für sich selbst und ihre Tänzer schuf. Etwas mehr Farbe bei den Kostümen hätte aber zur farbigen Musik auch den Augen etwas geboten als das durchgängige Grau, das man Sängern und Tänzern verpasst hatte.

Getanzt wurde auch zuvor zur Barockmusik, nicht historisierend, sondern mit nach heutigen Bildern suchenden Choreografien. Doch sie blieben weitgehend rätselhaft. Jean Francois Lombard und Artavazd Sargsyan sangen die barocken Kantaten und Duette durchweg mit leichter Stimmgebung, doch mit zu wenig Esprit. Über mehr Abwechslung in der Sängerbesetzung hätte man sich ebenfalls gefreut, denn auch Frauen lassen bekanntlich ihre Stimmen in der Hauptstadt Kampaniens klangvoll ertönen.

Von Kantate zu Kantate ging es im Barockmusik-Teil. Die Werke und Werklein von Alessandro Scarlatti, Francesco Mancini oder Domenico Cimarosa sind weitgehend eingängig und unkompliziert. Weil Scarlatti, einer der bekanntesten Komponisten der Zeit, in Neapel geboren wurde und einen Großteil seiner Jugend dort verbracht hat, war er mit der neapolitanischen Volksmusik aufgewachsen, die sich in seiner Kantate „Correa nel seno amato“ widerspiegelt. Auch andere Kompositionen, die erklangen, scheinen eine unmittelbare, ganz konkrete Reaktion auf populäres Volksmusikgut zu sein. Les Paladins, das in Kammermusikbesetzung auftrat, spielte weitgehend mit Natürlichkeit, ohne jedwede Übertreibungen in den Tempi oder der Dynamik. Die Instrumentalisten begleiteten im besten Sinne: Sie dominierten den vokalen Anteil nicht, agierten dezent, andererseits zu wenig zupackend.

Die Musikfestspiele entschieden sich mit dem Finale 2014 nicht für ein rauschendes Konzertereignis, nicht für eine Gala, bei der Highlight auf Highlight sich Konkurrenz machen, sondern für ein eine etwas ruhige Gangart, vor allem im ersten Teil. Ein paar virtuose Piecen hätte man sich im Vergleich zu allen anderen Konzerten der Festspiele dennoch gewünscht. Sie hätten dem Ganzen mehr Glanz gegeben. Klaus Büstrin

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