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Kultur: Mit der „Heimat“ der Christen sorgfältig umgehen

In der „Arche“ Vortrag von Stephan Mock zum 150. Jubiläum des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande

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In der „Arche“ Vortrag von Stephan Mock zum 150. Jubiläum des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande Wem gehört eigentlich das Heilige Land, ehemals Palästina? Dem menschgewordenen Sohn Gottes, der darauf wandelte, Christen, Juden, Moslems, allen zusammen oder keinem? Zum 150. Jubiläumsjahr des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande erneuerte sein Präsident, Joachim Kardinal Meisner, den Anspruch seiner 30 000 Mitglieder, diesen Erdstrich als „unsere Heimat“ zu verstehen. Mit seiner wechselvollen, vor allem exemplarischen Geschichte beschäftigte sich auch die jüngste Veranstaltung der „arche“ am Dienstag. Stephan Mock, im Hauptberuf Pressesprecher der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament und wissenschaftlicher Leiter der Wanderausstellung „Das heilige Land als Auftrag“, referierte fundiert über Vergangenheit und Gegenwart dieses Vereins, nach der Pilgerfahrt zweier Katholiken 1855 in Köln gegründet. Sie waren entsetzt über den schlechten Zustand der heiligen Stätten in Osmaniens vergessener Randprovinz, erschrocken über den bedrückenden Status dort lebender Christen. Allerdings fusionierte ihr karitativ orientierter Verein vom Heiligen Grabe schon 1885 mit dem eher nationalistischen Palästina-Verein der Katholiken, man erwarb in siedlungspolitischer Absicht Boden in Jerusalem, Bethlehem, Emmaus und Tabgha, baute darauf Kirchen, Pilgerhäuser, Schulen und Pflegeheime, finanziert durch extra genehmigte „Karfreitag-Kollekten“, die später auf Palmsonntag gelegt wurden. Pius XI. unterstützte 1859 Mitgliedschaften, nota bene, durch Ablässe. Kirchenpolitisch war es ein Schachzug gegen die Übermacht griechischer und russisch-orthodoxer Repräsentanz im Heiligen Land. 12000 Katholiken lebten dort Mitte des 19. Jahrhunderts, doch nur ein bis zwei deutsche Pilger verirrten sich jährlich dorthin. Kaiser Wilhelm II. schenkte dem Verein nach verlorenem Kulturkampf bei seiner Orientreise 1898 ein vom Sultan persönlich erworbenes Gelände auf dem Sions-Berg, wo die im Sechstagekrieg zerstörte Marienkirche gebaut wurde. Im Ersten Weltkrieg zog der Osmane alle kirchlichen Besitzungen der deutsch-türkischen Kriegsgegner ein, 1918 machten es die Sieger dann umgekehrt, der Borromäer-Orden etwa wurde bis 1921 in Ägypten interniert. Vor dem Zweiten Weltkrieg unterstützte der Verein (im Zeichen des Jerusalemer Kreuzes) vor allem die wissenschaftliche Erforschung Palästinas, dann brachen die Kontakte zum Orient weitgehend ab. Eine wiederum schwierige Situation brachte die Staatsgründung Israels 1948, neue Kriege teilten das Vereinseigentum zwischen Israel, Jordanien und palästinensischem Gebiet, wobei es sich als günstig erwies, dass der Verein (juristische Person seit 1895) die Immobilien früh dem erzbischöflichen Stuhl Köln überschrieb. So entgingen sie „weitgehend“ den Enteignungen der jüdischen Seite. Heute widmet man sich vor allem der Ausbildung (Schmidt-Schule für 500 arabische Mädchen), Begegnung (Paulus-Haus in Jerusalem, Tabgha) und der Altenpflege, etwa in Beit Emmaus. Die Lage „der armen Christen“ dort, so Mock, sei heute nicht leichter geworden, zumal es sich um eine Minderheit handele, Tendenz durch Abwanderung fallend. Besonders palästinensische Christen seien ob ihres Glaubens am Leben bedroht. Ihre Unterstützung verstehe man genauso als „Auftrag“ wie den „Schutz der heiligen Stätten“ durch gewisse Ordensleute. Nachdem man erkannt hat, dass sich Muslime nicht bekehren lassen und die christlichen Konfessionen sich gegenseitig die Mitglieder wegschnappten, ruhe die Missionierung. Dafür prügeln sich noch immer Katholiken und (die größere Gruppe der) Protestanten gar in der Grabeskirche um den richtigen Glauben. Im Vereins-Periodikum „Das heilige Land“ (137. Jahrgang) liest man viel Zank. Aber „die Kirche“ erhebt weiterhin Ansprüche auf jene „Heimat“ der Christen, mit der man „sorgfältig“ umgehen müsse. Georg Martinger

Georg Martinger

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