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Kultur: Mit innerem Einverständnis

Eindrucksvolles Festkonzert zum Tag der deutschen Einheit in der Nikolaikirche

Stand:

Carl Maria von Weber komponierte seine Messe in Es-Dur als Dresdner Hofkapellmeister in königlichem Auftrag, zum Namenstag von Friedrich August III. Sie musste kurz sein, denn der sächsische Monarch sollte sich nicht langweilen. Allzu lang darf auch die Aufführung eines Werkes beim Festkonzert zum Tag der deutschen Einheit in der Nikolaikirche – veranstaltet unter anderen vom Bonn-Club Potsdam – nicht werden, müssen doch Begrüßung, Grußworte und der Vortrag in das Programm mit untergebracht werden. Und wenn möglich, eine weitere festliche Komposition. Die hatte man in diesem Jahr mit Joseph Haydns beliebtem Trompetenkonzert gefunden, ebenfalls in Es-Dur geschrieben. Die festlich gestimmte Besucherschar im nicht ganz vollen Gotteshaus nahm das wirkungsvoll geschriebene Werk dankbar auf. In dem Trompeter Mike Stodd von der Komischen Oper Berlin fand es einen Virtuosen mit natürlichem Phrasierungsinstinkt und tadellosem Ansatz. Auch die Mitglieder der Philharmonie 2000 unter dem Dirigat von Björn O. Wiede waren Interpreten, die mit Stodd für eine sprudelnde Frische der Wiedergabe sorgten.

Und da stellte sich bereits ein, was St. Nikolai-Pfarrerin Susanne Weichenhan in ihrer Begrüßung von diesen Festveranstaltungen wünscht: ein edles Konzert gepaart mit geistvoller Rede. Es war gut, dass Wiede zu diesem Anlass Webers Es-Dur-Messe wählte. Sie ist relativ kurz und doch abwechslungsreich. Vor allem musste Weber den damals beliebten Kastraten Filippo Sassaroli stimmlich befriedigen. Und so hat der Komponist das Sopransolo eine bevorzugte Stellung gegeben. In der Nikolaikirche hat Johanna Krumin mit ihrem sicher geführten Sopran den Jubelgesang effektvoll angeführt, die anderen Solisten und den Chor überstrahlt.

Bhawani Moennsad, Alt, Volker Arndt, Tenor, und Sebastian Bluth, Bass, mussten sich leider nur mit ganz wenigen solistische Aufgaben abfinden. Doch man horchte auf, als sie das „Agnus Dei“ mit großer Stimmschönheit und Ausdrucksdichte sangen. Auch der Nikolaichor verlieh der Messe, die neben lyrischen Stellen auch Dramatisches aufweist, einen sehr warmen Ton und einem inneren Einverständnis von Text und Musik. Die Instrumentalisten der Philharmonie 2000 waren auch bei dieser Wiedergabe wunderbare Partner. Und so erlebte man eine Aufführung, die unter Leitung von Björn O. Wiede, die musikalische Qualität der Mess-Komposition unterstrich.

Edle Musik also. Und die geistvolle Rede? Die wurde von Lothar de Maizière erwartet, erster frei gewählter und letzter Ministerpräsident der DDR. Er bereitete von April bis September 1990 maßgeblich den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland vor. Der Redner, der heute als Rechtsanwalt in Berlin lebt, hatte nichts Hochgestochenes oder Philosophisches in seinem Vortrags-Gepäck. Vielmehr hatte man den Eindruck, dass er lieber über die Zeit vor 17 Jahren mit all ihren Hoffnungen und Schwierigkeiten bei den Beitrittsverhandlungen plaudern wollte. In seiner unverkrampften und direkten Art zu reden, ließ Lothar de Maizière die Jahre 1989/90 noch einmal lebendig werden. Er berichtete von den Abgeordneten in der Volkskammer, die „eine neue DDR haben wollten, eine DDR, die himmlisch-bescheiden, ökologisch, gerecht und zutiefst demokratisch sein sollte. Aber man wusste nicht, womit man diesen Staat bezahlen sollte.“

Dann gab es diejenigen, die so schnell wie möglich, die deutsche Einheit haben wollten. Auch strebte seine Regierung an, und das war und ist ansonsten unüblich, sich „überflüssig zu machen.“ Die DDR wurde abgewickelt, der Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland erfolgte am 3. Oktober 1990.

Lothar de Maizière machte noch einmal deutlich, dass die Ostdeutschen sich mit einem für sie ganz neuen Wirtschafts-, Rechts- oder Bildungssystem auseinandersetzen mussten. Und er betonte, dass mit der Einheit Deutschlands viele Städte und Dörfer im Osten vor dem Verfall gerettet werden konnten. Sein abschließendes Resümee: „Der Wille der Deutschen für eine gemeinsame Zukunft ist gewachsen“. Und so verließ man die Nikolaikirche mit Dankbarkeit.

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