Kultur: Mit Jazz in den Libanon
Konzertreise des LandesjugendjazzChores Brandenburg „Young Voices“
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Konzertreise des LandesjugendjazzChores Brandenburg „Young Voices“ Was sind die ersten Gedanken, die einem durch den Kopf schießen, wenn man „Libanon“ hört? Zumeist wohl Hisbollah, Autobomben, radikale Fundamentalisten, Bürgerkrieg und die ernsthafte Frage, ob man in so einem Land auf Konzerttournee gehen kann, ohne Leib und Leben zu riskieren. Das Image des Libanon ist im Ausland ramponiert. Zu oft konnte man in den Medien über die Probleme des Landes lesen und sehen. Von 1975 bis 1990 tobte im Land ein Bürgerkrieg, der viele Todesopfer forderte.Die Auswirkungen kann man bis heute im Land sehen und spüren: Bewaffnete Miliz auf den Straßen und Einschusslöcher in Gebäuden. Doch der Libanon zeigte sich als gastfreundliches Land mit einzigartigen Sehenswürdigkeiten und wundervoller Natur. Die Konzertreise des LandesjugendjazzChores Brandenburg „Young Voices“ mit zwölf Sängern, Pianist, Dirigent und Betreuer wurde ermöglicht durch Mittel des Landesverbandes der Musikschulen Brandenburg e.V., durch Mitarbeit des Deutsch-Libanesischen Kulturzentrum und privatem Engagement. Es fanden sieben Konzerte in verschiedenen Regionen des Libanon statt. „Young Voices“ hat während der Reise viele Sympathien erworben. Es fand ein reger Kulturaustausch statt. Zehn Tage wohnten die Chormitglieder in der Villa von Lotti und Faouzi Adaimi. Das Ansehen des Arztes und seiner Frau im Libanon ist sehr groß. Während des Bürgerkrieges, als viele das Land verlassen haben, blieben sie und versorgten die Bevölkerung medizinisch. Das haben die Libanesen ihnen nie vergessen. Lotti Adaimi ist professionelle Geigerin und Malerin. Aber sie ist noch mehr: Politikerin, Bürgerrechtlerin und Mezänin. Unser Auftaktkonzert fand im Blue Note Jazz Club in Beirut statt. Ein kleiner Jazzclub, wie man ihn auch in Deutschland finden kann. Im fast vollen Club sangen die Young Voices und begeisterten ihr Publikum. Die Libanesen waren ein tolles Publikum – allerdings mit einer Schwäche für Mobiltelefone und viel Konversation. Da kann es schon passieren, dass mitten im Konzert mit einem guten Bekannten 20 Minuten telefoniert und viel und laut gelacht wird. Aber dennoch, es war ein sehr schönes Konzert. Auch unsere Debüt-CD „SING“ fand reichlich Käufer. Das zweite Konzert gab der Chor in einem Kloster in Balamand. Da dort noch Mönche leben, wurde der Chor darum gebeten, in Schwarz aufzutreten. Von den Mönchen konnte man indes niemand im Publikum entdecken – dafür aber rund 100 begeisterte Libanesen sowie einen kompletten libanesischen Chor. Sie dankten den Auftritt mit großer Aufmerksamkeit (alle Mobiltelefone waren aus) und viel Applaus. Am Ende des Konzertes, war noch ein traditionelles arabisches Lied des anwesenden Chores zu hören. Schnell fanden sich die Sänger des brandenburgischen Ensembles und des libanesischen Chores zusammen, um sich über die verschiedenen Stile, über Musik, Politik und das Leben überhaupt auszutauschen. Schon an diesem Abend verschenkten die Brandenburger viele Noten ihres Repertoires an die Libanesen. Und wer weiß ...vielleicht singt bald ein libanesischer Chor die Arrangements eines Brandenburger Nachwuchsensembles. Dann gab es noch ein Konzert auf dem Marktplatz von Jounieh. Den Chor erwartete eine große Bühne und ein ratloser Techniker. Schnell wurde klar, dass der verantwortliche Tontechniker wohl noch niemals ein Ensemble wie „Young Voice“ betreut hatte. Doch die Sänger gaben trotz der Technikprobleme und eines schlechten Sounds ein gutes Konzert. Die Bühne stand inmitten des Marktplatzes und so hatte man ein reges Kommen und Gehen während des Konzerts. Viele Menschen saßen in den angrenzenden Cafés, um bei einer Wasserpfeife und einem Glas Tee dem Konzert zu lauschen. Marc Secara Der Autor ist Dirigent von „Young Voices“
Marc Secara
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